Uralter atlantischer Regenwald in Schottland – auf einer Halbinsel im Westen hat er überlebt. Das Taynish National Nature Reserve bietet alte Bäume und wunderbare Ausblicke.
Da ist ein Stück Schottland, das kaum einer kennt. Ein Stück Schottland, das nicht ständig in Magazinen oder auf Facebook-Seiten auftaucht, das noch nicht als Filmkulisse um die Welt ging – und das dennoch ursprünglicher, wilder und romantischer ist, als viele Teile der Highlands. An der Westküste liegt kaum beachtet die kleine Halbinsel Taynish, auf ihr hat sich ein alter Regenwald erhalten, wie er nur noch selten zu finden ist. Darum ist das Gebiet auch als Taynish National Nature Reserve geschützt. Besuchen kann es jeder. Und es lohnt sich.
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Warum der Taynish Wald ein Überlebender eines alten Schottland ist? Wissenschaftler haben durch Pollenanalysen herausgefunden, dass seine Geschichte 7.000 Jahre zurück reicht. Und das Auswerten alter Landkarten zeigt, dass auch vor rund 250 Jahren der Wald hier eingezeichnet war.
Eichen dominieren. Sie werden bis zu 20 Meter hoch und einige von ihnen sind um die 130 Jahre alt. Doch daneben wachsen auch Eschen, Birken, Erlen, Farne, Flechten und Moose. Zwischen ihnen fliegen Schmetterlinge und brüten Vögel.
Man kann den Wald gut mit Zahlen und Daten beschreiben. Dabei genügt vor Ort ein Blick zu werfen auf die verwinkelten, morschen und windschief gewachsenen Bäume, an denen sich Bartflechten entlangziehen.
Am besten man erlebt und erspürt diesen Regenwald selbst. Durch das Gebiet ziehen sich mehrere kleine Wanderwege. Einer führt zum Beispiel zum Loch Sween, also dem Meeresarm, der die Halbinsel vom Land abschneidet. Der Pfad passiert zunächst das Lochan Taynish, das zu einer Seite in einen Sumpf ausläuft. Ein Steg bringt einen sicher einige Meter hinein.
„Lochan“ ist übrigens die Verniedlichung von Loch, heißt also in etwa „kleiner See“. So klein ist er eigentlich gar nicht. Lochan Taynish ist auch der einzige Frischwassersee der Halbinsel.
Der Regenwald von Taynish ist alt, aber unberührt ist er nicht. Denn schon immer lebten auch Menschen mit, in und um ihn. So sind Spuren von Landwirtschaft zu finden, die von der Eisenzeit bis in das 19. Jahrhundert hier Bewohner ernährten. Im 18. Jahrhundert gab es rund um Loch Sween derart viele Gemeinden und Felder, dass sich hier eine eigene Mühle lohnte.
Ihre Überreste finden sich nahe dem Strand zu Loch Sween. Die Mühle wurde 1724 errichtet und für rund 150 Jahre betrieben. Der Mühlbach, der sich in einen kleinen Wasserfall hinter dem Gebäude ergießt, mündet ein wenig weiter dann im Loch Sween.
Hier führt der Küstenpfad des Naturschutzgebiets entlang. Doch können Spaziergänger auch den Weg zum Barr Mòr, zu deutsch „großer Gipfel“, einschlagen. Auf stattliche 129 Meter steigt der Weg hoch, und führt unter Bäumen hindurch, durch die sich der Ausblick zunächst nur erahnen lässt.
Doch oben erstreckt sich eine baumfreie Fläche. Und bei jedem Schritt ändert sich der Blick. Im Süden liegt das Ende der Taynish-Halbinsel.
Im Norden erstrecken sich weite Wälder, Hügel und Seen bis zum Örtchen Tayvallich und weiter.
Irgendwann kommt das Ende des Barr Mòrs, dann geht es an den teils schwierigen aber immer noch wunderschönen Abstieg durch den Wald, oft auf recht grobgehauenen Treppen.
Die Wanderung endet auf der kleinen Straße und führt wieder zurück zum Parkplatz. Dabei passiert sie noch einmal das Lochan Taynish.
Die Wälder, Sümpfe, Hügel und Küsten des Taynish National Nature Reserve sind auf jeden Fall einen Ausflug wert. Ein Tagesausflug dorthin lässt sich gut mit einem Bootsausflug zum Corryvreckan verbinden.
Wissen: Über den Taynish Regenwald
Die Taynish Halbinsel ist zirka 5 Kilometer lang und 1 Kilometer breit, in der Mitte erhebt sich der Barr Mòr. Im Westen und Osten umfließt der warme Golfstrom das Land und sorgt so für ein mildes Klima. Kombiniert mit dem hohen Niederschlag, ergibt sich ein Regenwald der gemäßigten Breiten, wie er einst typisch für ganz Großbritannien war. Die meisten dieser Wälder wurden abgeholzt, nur wenige überlebten und Taynish gehört zu den schönsten Exemplaren.
Regenwald bedeutet freilich auch, dass ein Wetter, wie es hier auf den Bilder zu sehen ist, nicht immer vorkommt. Nur einen Tag früher sahen die Blumen noch so aus:
Es hat den ganzen Tag geregnet.
Anfahrt und Wanderroute:
Mit Navigationsgerät: „PA31 8PW“ bringt einen ins Örtchen Tayvallich, das zum Beginn der Halbinsel liegt. Darauf achten, dass man im Ort nach links abzweigt.
Ohne Navi: Von der Straße A816, die an der Westküste Schottlands unterhalb von Oban verläuft, folgt man der Beschilderung nach Crinan und Tayvallich. Es geht über den Crinan Canal und anschließend an ihm entlang. Ein Stück vor Crinan zweigt eine Straße nach links Richtung Tayvallich ab. Ihr folgen bis nach Tayvallich. Am Ende des Ortes dann links halten, indem man dem braunen Schild zum „Taynish National Nature Reserve“ folgt. Ab hier wird die Straße übrigens etwas kniffliger. Denn es ist eine Single Track Road ohne offizielle Passing Places. Sie endet am Parkplatz, von wo aus die Wanderungen starten.
In der Karte habe ich unsere Route über den Barr Mòr und zum Loch Sween aufgezeichnet. Es gibt weitere Wanderrouten, die in Faltblättern am Parkplatz zu finden sind. Für den Abstecher zum Loch und die Runde über den Berg sollte man drei Stunden veranschlagen.