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Annandale Distillery – Whisky-Archäologie in den Lowlands

Der Annandale Whisky ist noch brandneu. Doch die Distillery arbeitet in einer alten Brennerei, die interessante Einblicke liefert.

Annandale Distillery
Annandale Distillery

Die beiden Gründer der heutigen Annandale Distillery machen keinen Hehl daraus: Sie waren keine Whisky-Enthusiasten, als sie das alte Gebäude 2007 kauften. Ihre Gründe waren andere. Doch wieso kam es dann so weit und warum lohnt sich hier dennoch ein Besuch?

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Die eine, Teresa Church, mochte einfach alte Gebäude – und die alte Annandale Distillery ist so ein altes Gebäude. Damals noch überwuchert von Pflanzen mit großen Löchern in den Wänden und einsturzgefährdet.

Heute strahlt das Gelände der Brennerei mit seinen großen Backsteinhäusern und seinem imposanten Schornstein wieder die Größe aus, die der Annandale Distillery schon vor über hundert Jahren zu eigen war. Ein ganz spezielles Aussehen, das sich von den Insel-Destillerien etwa deutlich abhebt.

Der Guillielands Burn, die Lagerhäuser rechts und die Brennerei links

Alles beherrschend erhebt sich ein Fabrikschornstein über das Gelände. Er stammt noch von der alten Annandale Distillery, die seit 1836 hier Whisky produzierte. Am Fuß des Schornsteins wurde bei der Renovierung ein spannender Fund gemacht: die Basis der alten Brennblasen.

Sie wurden mit Kohle beheizt, der Rauch zog dann eben über den Schornstein ab. Die Überreste einer solch alten Anlage zu bestaunen, ist eine echte Seltenheit. Kein Wunder, dass 2009 sogar Archäologen aus Glasgow das alte Stillhouse untersuchten.

Hier standen einst die alten Stills

Freilich gibt es da auch die typische Pagode auf dem Dach – den „Doig Ventilator“, wie er korrekt heißt. Der ist allerdings nur noch Zierde, denn heute wird unter ihm nicht mehr wie früher das Malz gedarrt. Er krönt jetzt den Eingang zum Besucherbereich, in dem die Touren starten und einige Filmrequisiten stehen. Denn die Sonderabfüllung „Outlaw King“ wurde zum gleichnamigen Robert-the-Bruce-Film auf Netflix herausgebracht. Schließlich war Annandale einst Teil von Bruces Besitz.

Im Besucherbereich der Destillerie

Nun haben wir viel zur Distillery gehört, doch was ist mit dem Whisky? Hier kommt David Thomson ins Spiel. Er ist der andere Gründer und suchte 2007 ein Projekt, das ihn wieder in Schottland verankerte – er lebte davor im Ausland. Thomson kannte Dr. James (Jim) Swan, jenen legendären Whisky-Experten, der leider 2017 verstarb. Gemeinsam planten sie die Produktion des Whiskys, dessen Geschmack sie vorher per Marktforschung erarbeitet hatten.

Eine Besonderheit: Die Produktion sollte nahtlos zwischen getorftem und ungetorftem Whisky umschalten können. Kern des Konzepts wurde die doppelte Spirit-Brennblase. Normale Brennereien haben eine Wash-Still für die erste Verarbeitungsstufe und eine Spirit-Still für den zweiten Brand. Annandale hat drei Brennblasen: eine große Wash-Still (12.000 Liter) und zwei kleinere Spirit-Stills (4.000 Liter). Dadurch bekommt der Alkohol mehr Kontakt zum Kupfer.

Die Zwillingsbrennblasen und der Spirit-Safe der Annandale Distillery

Am 15. November 2014 füllte die Annandale Distillery ihr erstes Fass ab. Und seit einiger Zeit gibt es nun trinkbare Whiskys. Der ungetorfte Single Malt heißt „Man O’Words“ – eine Hommage an den in der Nähe lebenden Dichter Robert Burns, der in Annandale als Steuereintreiber fungierte. Die getorfte Linie ist der „Man O’Sword“, der an den Lord of Annandale erinnert: Robert the Bruce, König der Schotten.

Alles in allem ist die Annandale Distillery eine moderne Brennerei mit einem jungen Whisky, die jedoch sichtbar auch in der Vergangenheit und Tradition der Umgebung wurzelt. Ein Besuch lohnt sich.

Wissen: Die alte Annandale Distillery

Irgendwie hat sich der Trugschluss eingeschlichen, dass es in den Lowlands unterhalb der großen Städte Edinburgh und Glasgow keine Whisky-Kultur gibt und gab. Schon gar keine mit einem Torfgeschmack darin. Die Sache ist nur die: Torf ist der Region absolut nicht fremd und dass es sehr wohl Brennereien hier gab, zeigt eben die Annandale Distillery eindrucksvoll.

Fässer im Lagerhaus

Gilt sie heute als Newcomer, war sie doch fast hundert Jahre lang ein Schwergewicht der Produktion. 1830 bauten Geschäftsleute der Umgebung unter Führung von George Donald aus Elgin die Gebäude auf, 1836 begann die Produktion. Kohle für die Befeuerung der Stills, Torf für das Darren und eine mildes Klima für die Reifung waren hier ideal. Lediglich Getreide musste geliefert werden. Da gereichte allerdings Annandales zentrale Lage im Vereinigten Königreichs zum Vorteil.

1896 kaufte John Walker & Sons die Annandale Distillery. Doch 1919 entschied sich die Firma wieder zum Verkauf. Sie konzentrierte sich ganz auf ihren blended Whisky „Johnnie Walker“. 1921 schließlich wurde die Produktion eingestellt. Die Gebäude begannen zu verfallen, auch weil Steine daraus für andere Häuser genutzt wurden.

Als die beiden Gründer die Gebäude übernahmen, holten sie tatsächlich aus einigen Häusern die Originalsteine zurück. Der alte Malzboden beherbergt heute ein Café und im halbrunden Anbau befindet sich der Shop, in dem sich der Whisky probieren und kaufen lässt.

Ein Dram im Laden

Anfahrt:

Mit Navigationsgerät: „DG12 5LL“ bringt einen ganz in die Nähe.

Ohne Navi: Zwischen Dumfries und Gretna Green verläuft die A75. Ziemlich in der Mitte zwischen diesen beiden Orten verlässt man die Straße beim Hinweis-Schild nach Annan. So erreicht man die Hauptstraße. Im Ort muss man dann nur noch die braunen Hinweisschilder zur Distillery beachten, die einen auf die B722 bringen. Ein großer Parkplatz ist vorhanden.

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