Uralte Bäume umgeben dieses alte kleine Schloss. Ein Besuch im Ardkinglas House und seinen Gärten ist ein willkommener Stop auf dem Weg über die Berge.
Vor sich die Weite des Loch Fyne, hinter sich die Höhe des Beinn an Lochain von dem der Fluss Kinglas hinabschießt. Die Lage von Ardkinglas House mit seinen Gärten könnte kaum romantischer sein.
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Warum aber kennt kaum einer diesen Ort? Es mag daran liegen, dass Ardkinglas House auf dem Weg zwischen der prunkvollen Inveraray Castle und dem berühmten Blick des „Rest and be thankful“-Pass liegt. So hetzen viele Schottland-Besucher auf der vielbefahrenen A83 vorbei.
Wer dagegen in die unscheinbare Einfahrt nach Cairndow einbiegt, genau an der Stelle, an der sich die A83 und das Loch Fyne berühren, der trifft auf die Woodland Gardens. Sie laden den Autofahrer dazu ein, einen kurzen oder auch längeren Spaziergang unter alten, großen Bäumen und zwischen blühenden Rhododendren zu unternehmen.
Ausgangspunkt ist eine kleine Hütte gleich am Parkplatz hinter dem großen Eisentor. Hier steht ein Stein gefasst auch eine Bezahldose – Ehrlichkeit ist gefragt, denn der Erhalt des Gartens verschlingt sehr viel Geld.
Hinter der Hütte beginnt dann der Weg durch die alten aus ganzer Welt eingesammelter Bäume. Denn das ist eine der Besonderheiten des Ardkinglas Anwesens: Es gehört zu einem von 23 schottischen Orten, die Teil der National Tree Collections sind. Das bedeutet: In Ardkinglas werden nationale aber auch internationale Bäume gepflanzt, gepflegt und so für die Welt erhalten. Und das nun schon seit 1875.
Aufgrund der langen Zeit ist es also kein Wunder, dass hier echte Riesen stehen. Eine Weiß-Tanne etwa, deren Stammesumfang bei zehn Metern liegt – Großfamilien schaffen vielleicht zusammen eine Umarmung. Oder auch die Küstentanne, die mit über 60 Metern Höhe zu einer der größten in Großbritannien zählt.
Wer sich dann noch auf weitere Wege in die Ardkinglas Gardens begibt, kann viel zu entdecken: Etwa die Reste einer alten Mühle, die am reißenden Fluß Kinglas steht. Oder aber für die kleinen Besucher der Gruffalo Pfad und der Fairy Trail.
Beste Zeit für einen Besuch in der Gärten ist übrigens von Mai bis August. Was nicht heißen soll, dass sie nicht auch in anderen Monaten viel Flora und Fauna zeigen würden.
Wer die Gärten Richtung Loch Fyne wandert, wird vielleicht beim Ardkinglas House hinaus kommen.
Das Ardkinglas House
Im typischen Stile eines schottischen Landsitzes wurde das Ardkinglas House erbaut. Allerdings ist es jünger, als man vermuten mag.
Das jetzige Gebäude steht hier erst seit 1907. Geplant hat es der Architekt Sir Robert Lorimer, der bei einigen anderen bekannten schottischen Bauten ebenfalls beteiligt war. So geht die Distel-Kapelle in der St Giles Cathedral in Edinburgh auf ihn zurück. Das Scottish National War Memorial in der Edinburgh Castle ist sein Entwurf. Außerdem war er an der Renovierung der Dunrobin Castle beteiligt.
Im Inneren ist das Haus noch mit vielen originalen Möbeln ausgestattet, was es zu einer beliebten Filmkulisse und auch zu einer beliebten Hochzeitsadresse macht.
Ardkinglas House ist übrigens noch von einer Familie bewohnt, die immer wieder mit dem Erhalt des Hauses zu tun hat. Feuchtigkeit ist hier ein ständiger Feind, den die Bewohner aus dem Gemäuer halten müssen. Die Mühe ist es aber wert. Nicht nur in den prunkvollen Gemächern, sondern auch in den ehemaligen Räumen der Bediensteten. Dort ziehen sich wunderbare gekachelte Wände entlang.
Sicherlich ist Ardkinglas House nicht mit dem Prunk der nahen Inveraray Castle vergleichbar. Doch genau darum fühlen sich die Räume hier etwas authentischer an. Besichtigen können Besucher die Gemächer nach Absprache mit den Besitzern oder an Freitagen.
Übrigens: Das Souterrain des Hauses, das „Butler’s Quarter“ kann als Self Catering Unterkunft gemietet werden. Die Gänge sind hier ebenfalls mit den weißen Kacheln versehen und schönen, schweren Holztüren.
Die Zimmer sind freilich wesentlich einfacher und gemütlicher gehalten – die Kacheln befinden sich nur auf dem Gang sowie dem Bad und man gewöhnt sich richtiggehend daran. Und der Blick von der Terrasse über das Loch Fyne ist gerade abends romantisch.
Alles in allem ist das Ardkinglas Estate keine dieser A-Sehenswürdigkeiten, die alle Schottland-Reisenden beim ersten Mal abfahren. Vielmehr ist es eines dieser wenig bekannten Kleinode, die Vielfahrer auch nach dem x-ten Trip noch entdecken können.
Hinweis: Die Wege sind zwar angelegt, dennoch sollte man festes Schuhwerk tragen. Vor allem, wenn man am Fluss entlang will, wird das Gelände durchaus anspruchsvoller und verlangt etwas Fitness. Für Menschen mit Handicap sind die Wege leider nicht gut zugänglich.
Wissen: Die Geschichte von Ardkinglas
Die Nähe zur Inveraray Castle lässt es bereit erahnen: Auch Ardkinglas gehörte einst zum Gebiet des einflussreichen Clan Campbell. Sie gingen um das Jahr 1396 an einen Sohn des 5. Lord von Lochawe, der sich ab nun Colin Campbell of Ardkinglas nannte. Der Name Kinglas stammt vom Fluss und dessen Tal, durch das heute auch die A83 hinauf zum „Rest and be thankful“-Pass führt.
Von der einstigen Burg der Campbells ist nichts mehr zu sehen, sie wurde 1769 zerstört. Später wurde ein Herrenhaus hier von der Familie Callander erbaut, das aber 1831 komplett abbrannte. 1905 kaufte Sir Andrew Noble, ein Waffenfabrikant, das Gut und ließ das heute Haus errichten. Er übernahm dabei auch die Gärten.
Wie das oft ist mit großen Gütern in Schottland sind sie kein Garant für gute Einnahmen. Als 1972 Simon John Noble Ardkinglas erbte, übernahm er Schulden und laufende Kosten, die nahe dem Ruin standen. Er gründete zusammen mit einem Freund die Loch Fyne Oysters. Zunächst eine Austernzucht, heute aber ein Produzent vieler Meeresfrüchte. Die erste Loch Fyne Oysters Bar wurde eröffnet. Das Unternehmen gibt es heute noch mit mehreren Restaurants in Großbritannien. Und es stet auch heute noch in der Nähe des Hauses, ebenso wie eine Lachfarm.
Ardkinglas Estate gehört heute dem Neffen von Simon John Noble, David Sumsion. Er versucht die Gärten zu erhalten und damit das Baum- und Pflanzen-Erbe darin.
Tipp: Besuch bei Fyne Ales Brewery
Keine zehn Minuten mit dem Auto Richtung Norden steht die kleine Brauerei der Loch Fyne Ales. Die Craft-Beer-Bewegung hat für viele neue, kleine und feine Biersorten mit unterschiedlichen Geschmäckern gesorgt. Und Loch Fyne Ales gehört dazu. Im Tap Room können die verschiedenen Sorten gekauft oder direkt getestet werden.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „“ bringt einen ganz in die Nähe.
Ohne Navi: Kommend von Inveraray geht es auf der A83 entlang. Kurz bevor die von Loch Fyne abschwenkt. erscheint rechts ein Kriegsdenkmal und ein Schild zeigt den Weg nach Cairndow und zum Ardkinglas Woodland Garden an. Hier rechts abbiegen und der kleinen Straße durch den Ort folgen. Nach dem Ort geht rechts eine Abzweigung durch ein eisernes Tor, dahinter ist schon die Hütte zu sehen. Hier durchfahren und bei der Hütte parken.
Kommend vom „Rest and be thankful“-Pass biegt zuerst die Straße nach Dunoon und zur Fähre nach links ab, kurze Zeit später erscheint eine braunes Schild, das zu den Gärten weist. Hier links abbiegen und vorsichtig der Single Track Road folgen. Nach einer Weile kommt links eine Abbiegung in Form einer Haarnadel zum Eisentor und dem Parkplatz.