Schwitzende Muskelmänner, anmutige Tänzerinnen und über allem wabert der Klang der Dudelsäcke. Ein Besuch bei den Bridge of Allan Highland Games.
Dass das Quieken der Bagpipes den ganzen Tag anhält, hat einen Grund: Dreißig Kapellen aus aller Welt duellieren sich hier auf den Bridge of Allan Highland Games im Schatten des National Wallace Monument. Jede will den Preis der Spiele mit nach Hause nehmen. Zuhause, das liegt dabei nicht unbedingt in Schottland. Die Bands kommen aus allen Winkeln des ehemaligen britischen Reiches. Dieses Jahr zum Beispiel auch aus Kanada, Malaysia und dem Oman. Und die Exoten sind prächtig anzusehen.
Schottland Wandkalender 2025 in A3
Zwölf wunderschöne Motive aus Schottland mit der Isle of Skye, Isle of Mull, Stirlingshire und vielen anderen Orten. Alle Seiten hier ansehen:
Unter dem strengen Blick und vor allem den aufmerksamen Ohren des Schiedsrichters sind die Kapellen zunächst jedoch alle gleich. Sie müssen sich beweisen durch drei verschiedene Musikstücke.
Während im Innenraum die Bands spielen, laufen und fahren auf der Außenbahn die Leichtathleten und Rennradler um die Wette. Wohlgemerkt gibt es hier keine Tartanbahn, alles findet auf dem Rasen statt. Und der ist heute nicht nur äußerst nass, sondern wird von Lauf zu Lauf tiefer und aufgewühlter. Hinter den Rädern spritzt der Dreck hoch.
Die Radrennen werden auf Distanzen zwischen 800 bis 3.200 Metern ausgetragen – und am Ende kommt das Ausscheidungsrennen „De’il Tak’ the Hindmost“ – zu deutsch etwa: „Den Letzten holt der Teufel“. Zwar ist bei fast jedem der Rennen derselbe Fahrer der Sieger, nämlich der schottische Meister auf Grasbahnen Craig Hardy, aber wer sich hier nur für Sieger interessiert, verpasst sowieso das Schönste an den Highland Games: die kleinen menschlichen Momente. Etwa die, wenn der älteste Läufer dem ältesten Radfahrer Anschubhilfe leistet:
Aber Highland-Games, das assoziieren doch die meisten nicht mit Rennrad. Fliegende Baumstämme und Gewichte, das ist es, was man mit den schottischen Spielen verbindet. Keine Sorge, die Schwergewichtler machen sich schon bereit.
Die erste Disziplin: Hammerwerfen. Und Hammer meint hier wirklich ein Gewicht an einer Holzstange.
Das Hammerwerfen ist nur eine der vier Disziplinen der Schwergewichtler bei den Bridge of Allan Highland Games. Sie werden über den ganzen Tag verteilt austragen.
Übrigens: Wer denkt, es gäbe hier nur starke Männer und zarte Frauen, der braucht lediglich ein Stück weiter zu gehen zum Ringen, wo sich gerade die Mädchen beweisen.
Da die verschiedenen Disziplinen über den großen Platz verteilt stattfinden, bleibt uns sowieso nichts anderes übrig, als uns ab und zu ein Stück weiter zu bewegen. Hinter den Tribünen findet sich dabei allerhand Interessantes – zum Beispiel eine offene Fischräucherei:
Oder eine walisische Wahrsagerin:
Oder eine kleine Greifvögelschau mit diesem leicht verschlafenen Exemplar.
Fast sind wir einmal um das ganze Feld herum gegangen, doch plötzlich kommen wir nicht mehr weiter: Ein Zeltlager erstreckt sich plötzlich mitten im schlammigen Rasen und verbaut uns den Weg. In den kleinen Zelten sitzen junge Frauen und Mädchen, stark geschminkt in farbigen Kostümen. Wir sind versehentlich in die „Garderobe“ der Tänzerinnen geraten. Die Mienen der Damen sind meist angespannt und ernst. Sie warten auf ihren Einsatz auf der nahen Bühne.
Das wollen wir natürlich auch sehen. Nur: Wir kommen kaum durch. Keine der Veranstaltungen auf den Bridge of Allan Highland Games war dermaßen umlagert wie der Highland-Dance. Mir scheint, dass es vor allem die Eltern der Tänzerinnen und Tänzer sind. Ja, Jungen sind auch dabei … aber nur wenige.
Als wir endlich eine gute Sicht auf den Highland Dance bekommen, beginnen wir die Anspannung der Mädchen in den Zelten zu verstehen. Auf der Bühne wird Schwerstarbeit geleistet und dennoch sieht alles irgendwie leicht und anmutig aus.
Ich schaffe es ein paar Fotos zu schießen, ehe ich von hinten deutlich aufgefordert werde, den Blick nicht weiter zu verstellen. Das ist mir dann doch zu unentspannt an dieser Stelle und wir kehren wieder zu den Schwergewichtlern zurück. Die sind mittlerweile bei der Disziplin angelangt, die jeder mit den Highland Games verbindet. Tossing the Caber – Baumstammwerfen.
Der Stamm muss sich überschlagen und möglichst gerade fallen. Ein heißes Gefecht entspannt sich dabei. Doch die Athleten untereinander behandeln sich freundlich und mit Respekt, helfen sich sogar, wenn es sein muss.
Seit zehn Uhr in der früh sind wir nun schon hier – und natürlich auch die Athleten. Jetzt geht es auf 17 Uhr zu und so langsam macht sich die Müdigkeit breit. Sogar der ständige Dudelsack-Sound wirkt mittlerweile wie ein andauerndes Schlaflied. Die letzten Disziplinen folgen. Die Läufer tragen auf der Grasbahn ihr Schluss-Gefecht aus.
Und die Schwergewichtler müssen nur noch den Gewichthochwurf überstehen, bei dem ein 25 Kilogramm schweres Eisenstück über eine Latte geworfen werden muss, die einige Meter über dem Boden schwebt.
Natürlich wird die Latte immer höher gesetzt, bis auch der letzte Teilnehmer sie dreimal reißt.
Endlich geht es auf das große Finale zu. Alle dreißig Pipe-Bands laufen der Reihe nach über die Außenbahn und präsentieren sich noch einmal den Zuschauern.
Angeführt von ihren Pipe Majors – also quasi den Bandleadern …
… paradieren sie am Chieftain vorbei, der Schirmherrin der Spiele. Jedes Jahr wird eine andere Persönlichkeit dazu auserkoren, dieses Jahr handelt es sich um Judy Murray, Mutter des Tennis-Stars Andy Murray, der aus Bridge of Allan stammt.
Als alle Kapellen sich schließlich auf dem Platz versammelt haben, kommt das große Finale der Bridge of Allan Highland Games 2015. Gemeinsam spielen die dreißig Bands den „Salute to the Chieftain“ – und das ist sicher ein Augenblick, den weder der Chieftain noch die Zuschauer so schnell vergessen werden.
https://youtu.be/JwQ1v4PK-Cs
Anmerkung: Ich möchte meinem Bruder Andreas noch einmal von Herzen danken, dass er mir für diese Reise sein teures Teleobjektiv geliehen hat. Gerade bei den Bridge of Allan Highland Games hat es sich gelohnt. Danke!