Brodick Castle auf der Insel Arran birgt wunderbare Schätze und Kuriositäten in seinen Gemäuern. Doch der bizarrste Moment erwartet uns außerhalb des Herrenhauses.
Seltsam vertraut kommen mir die Umrisse von Brodick Castle vor, als ich mich dem Haupthaus nähere. Wo habe ich das nur schon einmal gesehen? Na klar! Auf dem schottischen 20 Pfund-Schein. Brodick Castle ziert dessen Rückseite genau aus Sicht des Gartens. Übrigens das einzige Motiv, das nicht auf dem Festland steht, sondern auf einer Insel.
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Brodick Castle ist keine Trutzburg, sondern ein typisches Schloss im Baronial Style. Viele kleine Türmchen, alles etwas verwinkelt. Dazu kommt, dass die Wände im Gegensatz zu vielen der schottischen Burgen statt in einem kalten Grau in einem warmen Dunkelrot strahlen. Der typische Sandstein der Gegend.
Es ist schon ein Stück zu gehen vom Parkplatz und Visitor Centre, aber die Parkanlage rund um den Weg lässt uns die Mühen rasch vergessen. Und bald kommen wir am Eingang an. Wie so oft sind die schottischen Castles eine Stückelung aus verschiedenen Epochen, die langsam von einer echten Burg zu einem Adlessitz ohne Wehrfunktion mutierten. Auch Brodick Castle macht da keine Ausnahme, wir erkennen die Bauphasen: der Eingang im Süden liegt in den Erweiterungen, die in viktorianischer Zeit errichtet wurden.
Oben im linken Giebel sehen wir einige Wappen, darunter das Motto des Clan Hamilton „Through“ und die Jahreszahl 1844, die das Datum der Erweiterung angibt.
Wir treten ein, zeigen noch einmal unser Ticket vor, danach können wir nach Herzenslust durch die Räume streifen. Wie es mittlerweile oft üblich ist in Sehenswürdigkeiten des National Trust of Scotland, stehen in den Räumen meist Freiwillige, die mit Begeisterung ihr Wissen über das jeweilige Zimmer preisgeben.
Beeindruckend ist auch die Sammlung an Gemälden in der Burg.
Nur Fotografieren dürfen wir hier leider nicht. Darum entgehen Euch jetzt üppige Räume und überbordende Tafeln, auf denen Silber und Gold stehen. Die Innenbesichtigung lohnt sich jedenfalls. Ganz zum Schluss, im ältesten Gebäudebereich, kommt sogar eine Sammlung an Silber und Gold.
Wir verlassen das Gebäude schließlich durch das Café, gehen die Treppe zum Garten runter und bekommen so einen Blick auf die lange Ostseite der Burg. Auch hier sieht man deutlich das Stückwerk an Erweiterungen, die sich an das alte Towerhouse rechts anschließen.
Jetzt wollen wir uns dem Park und den Gärten zuwenden. Es sind viele Rundwege angelegt, einer ist für Kinder gedacht, und dort begegnen uns Pilze aus Wolle.
Tatsächlich gibt es hier auch Maulwürfe, Eichhörnchen und Insekten aus Wolle. Sie alle sollen den Kindern Beispiele für Flora und Fauna auf der Insel geben.
Ein Highlight des kleinen Spaziergangs ist das nachgebaute Rundhaus aus der Bronzezeit.
Theoretisch könnte man von hier aus nun weiter nach Westen und den berühmten Berg Goatfell hinauf, mit über 800 Metern Arrans höchster Berg. Wir aber kehren um und lenken unsere Schritte zum Walled Garden. Im Gegensatz zum eher wilden Park ist er symmetrisch und enthält exotische Pflanzen.
Weiter unten im Garten steht eine Sonnenuhr, die von Bäumen und Pflanzen umgeben ist.
All das ist sehr schön. Doch regelrecht bizarr wird es ein Stück weiter unterhalb des Walled Garden. Denn hier treffen wir auf das „Bayrische Haus“.
Dabei handelt es sich um einen Pavillion, den der Duke of Hamilton 1848 für seine Frau anlegen hat lassen, Marie von Baden. Gebaut wurde das Haus von bayrischen Arbeitern, damit die Ehefrau auf der Insel weniger Heimweh habe.
Die Bayern leisteten jedenfalls ganze Arbeit. Denn schon von außen wird hier eine Art Schwarzwaldkitsch zelebriert, aber richtig heftig wird es erst im Inneren. Die gesamten Wände sind mit Tannen- und Kiefernzapfen ausgekleidet. Selbst die Decke folgt dieser Verkleidung.
So was haben wir noch nie gesehen. Es ist beeindruckend einerseits, aber auch einfach zu überladen. Wir beschließen, dass nun nichts mehr kommen kann und verlassen Brodick Castle wieder.
Wissen: Die Geschichte von Brodick Castle
An der Stelle des heutigen Herrensitzes gab es vermutlich schon während der Wikingerzeit und sogar davor eine Befestigung. Die Lage war strategisch wichtig, da von hier aus der Firth of Clyde, also der Meeresarm bei Glasgow, kontrolliert werden konnte.
Nachdem die Wikinger in Schottland immer mehr an Einfluss verloren hatten, ging das Land an die Familie Stewart, die hier im 13. Jahrhundert eine erste Steinburg errichtete. Die wurde allerdings im 15. Jahrhundert durch die MacDonalds und die Lords of the Isles zerstört.
Durch Heirat gelangte Brodick Castle dann in den Besitz der Hamiltons, die ab 1510 Brodick Castle wieder aufbauten – immer wieder unterbrochen durch weitere Zerstörungen und Besitzerwechsel. Schließlich wurde die Burg Mitte des 17. Jahrhunderts von Cromwells Truppen besetzt. Die bauten weiter, nach militärischen Gesichtspunkten: die langen nach Osten schauenden Gebäude stammen aus dieser Zeit und an ihrem Nordende sitzt eine Geschützbatterie.
Sein Aussehen im Scottish Baronial Style bekam Brodick Castle dann erst mit seinen Umbauten ab 1844. Da entstand auch der große dominierende Eckturm und die Gartenanlage.
Den Hamiltons folgten Anfang des 20. Jahrhunderts die Grahams als Besitzer, die aber den Besitz bald dem Staat übergaben. Heute ist die Burg dem National Trust for Scotland unterstellt, der sich um den Erhalt kümmert.
Erwähnenswert ist noch die Sammlung an Rhododendren. Hobbygärtner können sich Ableger davon im Visitor Centre besorgen.
Erstaunlicherweise wird jedoch auch regelmäßig der Park von wilden und eingeschleppten Rhododendren gereinigt, um dort die heimische Flora zu erhalten.
Persönliche Anmerkung: Bizares bayrisches Haus
Auf Brodick Castle kann man wirklich einen gemütlichen und runden Tag verbringen. Ausgiebiger Spaziergang im Park, Besichtigung der Burg innen, Kaffee und Kuchen im Burg-Café und schließlich noch einmal Lustwandeln in den näheren Gärten. Und im Visitor Centre kann man sogar noch Souvenirs einkaufen.
Mir hat es dort gut gefallen – sogar das bizarre bayrische Haus … irgendwie …
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: Einfach „KA27 8HY“ eingeben, das bringt einen in den Ort Brodick. Dort den Schildern folgen.
Ohne Navi: Auf Arran gibt es nur eine Ringstraße, die A841. Kommt man von Süden aus, fährt man durch den Ort Brodick hindurch. Bald nach dem Ort kommt schon das erste Hinweisschild, gefolgt von einem Abbiegezeichen. Dann geht es links ab und hoch zum Parkplatz. Kommt man von Norden her, fährt man zunächst durch Sannox. Dann geht es noch eine Weile weiter, bis eine Bucht fast an die Straße heranreicht. Dort kommt das erste Hinweisschild auf Brodick Castle & Estate. Kurz darauf biegt man rechts ein und fährt wieder hoch zum Parkplatz.
Sehenswertes Haus mit interessantem Garten