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Castle Tioram – idyllische Ruine, erbitterter Kampf

Es scheint so friedlich bei der Castle Tioram, und doch tobt seit Jahren ein erbitterter Kampf um die Burg. Darum sollte man sie dringend beim nächsten Schottland-Urlaub besuchen.

Castle Tioram auf der Insel
Castle Tioram auf der Insel

Durch eine für die Highlands ungewöhnlich kultivierte Landschaft windet sich der River Shiel träge bis zu einer großen von Wald umsäumten Bucht. Mitten in dieser Bucht eine kleine Insel; auf der Insel eine Burg, deren meterhohe Mauern jetzt nur noch ein Gebäude ohne Dach schützen.

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River Shiel

Die Bewohner? Lange fort. Castle Tioram ist eine Ruine.

Eine sehenswerte Ruine. Ihre romantische Lage auf der kleinen Felsinsel „Eilean Tioram“ und die bei Ebbe mit einem Teppich aus feinem Seesand bedeckte Bucht von Loch Moidart machen die Gegend bei Dorlin zu einer Art Naherholungsgebiet für viele der Einheimischen.

Die friedliche Idylle in der Bucht aber täuscht: Um Castle Tioram wird gekämpft … um Castle Tioram wurde schon immer gekämpft. Früher mit Kanonen, heute mit Worten und Intrigen.

Haus oder Ruine? Ein erbitterter Streit

Lex Brown ist Selfmade-Millionär. Für viele ein zwielichtiger Businessman, andere sprechen von ihm als ausgezeichnetem ehemaligen Piloten der Royal Air Force. In jedem Fall eine schillernde Persönlichkeit. Lex Brown wurde etwas unterhalb von Glasgow an der schottischen Westküste geboren, nur etwa vier Autostunden entfernt, und er hat einen Traum: Er möchte Castle Tioram wieder aufbauen. Als Wohnhaus und Museum.

Für nur rund 300.000 Pfund hatte Brown im Jahre 1997 die Burg gekauft. In München würde er dafür nicht einmal eine mittelmäßige Dreizimmerwohnung bekommen. Doch das Geld für den Kauf ist nicht das Entscheidende, denn die Burg ist einsturzgefährdet. Sie zu renovieren kostet Millionen – Brown hat das Geld dafür. Doch obwohl er der Besitzer ist, er bekommt keine Baugenehmigung. Historic Environment Scotland, die Regierung und Einwohner der Gegend stellen sich quer.

Castle Tioram andere Seite

Geschichte sei eben manchmal besser an Ruinen abzulesen, meint zum Beispiel auch Journalistin Muriel Gray und trifft damit auf Zustimmung. Auf der anderen Seite ist Tioram in derart schlechtem Zustand, dass schon heute keine Besucher mehr in das Gebäude hinein dürfen. Und wie gut eine Renovierung einer Burg tun kann, ohne die Geschichte zu vergessen, zeigt die nicht weit entfernte Duart Castle auf Mull.

Der Stein des Anstoßes: Brown will den Zugang zum Grundstück begrenzen. Die Rede ist davon, dass Besucher nur noch an rund 50 Tage in das wunderschöne Gebiet um die Burg dürfen. Für viele ein absolutes Unding. Doch Brown erhält Schützenhilfe von einem, der die wohl stärkste Verbindung zu der Burg hat. Chief Ranald Macdonald of Clanranald, Nachfahre des Clans, dem Tioram über Jahrhunderte gehörte, meint: „Nur weil es über die vergangenen 100 Jahre eine Ruine mit freiem Zugang für alle war, muss es nicht bedeuten, dass es so bleiben muss. Es [der Wiederaufbau] wird dem Clanranald nutzen und jedem, der sie [die Burg] sehen möchte.“

Fasan bei Tioram

Und das Blatt scheint sich tatsächlich bald zu wenden, selbst Historic Scotland will wohl einlenken.

Das derzeit noch bestehende Patt hat immerhin sein Gutes: Besucher können nach wie vor die Castle Tioram besuchen und sich von der märchenhaft schönen Landschaft verzaubern lassen – ganz friedlich.

Nachtrag: Laut Ellen, die in Ardnamurchan wohnt, sei die Baugenehmigung nun erteilt, doch die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen.

Nachtrag II, Mai 2014: Laut Ellen ist Tioram Castle nun wieder zu verkaufen. Über Historic Scotland lässt sich in diesem Zusammenhang die Zeitung Scotsman bitter aus. Tioram bleibt vorerst eine einsturzgefährdete Ruine.

Nachtrag III, April 2022: Lex Brown ist nach einem kurzen Kampf mit Krebs im Februar verstorben. Damit ist auch das Schicksal von Tioram Castle wieder offen.

Wissen: Die Geschichte von Castle Tioram

Wer die Mündung des River Shiel besetzte, kontrollierte den Zugang in Hinterland. Denn per Boot kann man über den Fluss und das Loch Shiel bis nach Glenfinnan gelangen. Kein Wunder also, dass an dieser strategisch wichtigen Lage bereits in der Eisenzeit ein Fort auf der Insel gestanden haben soll.  Die heute sichtbare Burg mit ihrer fünfeckigen Form und ihren hohen Mauern ist typisch für die Bauart vieler Burgen zur Zeit des 13. Jahrhunderts – ganz ähnliche Bauweisen findet man bei der Duart Castle oder Dunstaffnage Castle.

Seit dem 14. Jahrhundert jedenfalls gehört die Burg den Clanranalds, John of Isla, einer der Lords of the Isles, hatte sie seinem Sohn Ranald vermacht.

Wie bereits gesagt: Um Castle Tioram (sprich in etwa „Tschi-Ramm“) gab es immer Kämpfe. Im 16. Jahrhundert zum Beispiel wurde die Burg von See aus beschossen, konnte jedoch den Angriff abwehren. Doch schließlich war es der eigene Burgherr, der Tioram niederbrannte, bevor er als Jakobit in den ersten Aufstand von 1715 zog und dort starb. Tioram verkam zu der Ruine, die heute zu sehen ist.

Wer mehr über die Bauweise der Burg und deren Geschichte erfahren will, dem sei diese hervorragende Seite empfohlen (auf Englisch).

Persönliche Anmerkung: Besondere Begegnung

Fergie MacDonald bei Tioram

Castle Tioram und die Umgebung sind wirklich ein ganz wunderbarer Ort, und beim Spazieren trifft man dort viel interessante Menschen, die sich dort erholen. So auch den älteren Herren auf dem Foto, der sich als Fergie MacDonald und direkter Nachfahre des Clanranald herausgestellt hat (danke für den Hinweis an Ellen aus Ardnamurchan). Und noch wichtiger: Er war ein bekannter Musiker.

Generell ist übrigens die Halbinsel Ardnamurchan und die Castle Tioram (sie steht quasi am Beginn von Ardnamurchan) eine Tour wert, gerade weil in diesem „real wild west“, wie ihn manche Einheimische nennen, noch sehr wenig Tourismus zu spüren ist.

Tipp: Nah heran – aber nicht zu nah

Auch wenn man in die Burg nicht hinein darf, auf die Insel und nahe an die Mauern kommt man. Allerdings sollte man eben stets auf der Hut davor sein, dass einem nichts auf den Kopf fällt. Wie gesagt: Castle Tioram ist stark einsturzgefährdet. Das und die drohende Schließung durch Lex Brown, gibt Anlass, die Burg auf der nächsten Rundtour durch Schottland noch mit auf das Programn zu nehmen.

Anfahrt:

Mit Navigationsgerät: „PH36 4JZ“ bringt einen zur Straße nach Dorlin, von dort aus einfach der Straße bis zum Parkplatz folgen.

Ohne Navi: Entweder man verquickt die Fahrt über die Halbinsel von Moidart mit der Road to the Isles, oder man kommt über Kilchoan via Ardnamurchan von der Isle of Mull. In jedem Fall muss man die A861 nach Acharacle nehmen. Bei Acharacle dann die abbiegen nach Dorlin und die Straße bis zum Ende durchfahren.

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