Als Zeichen-Vorlage für einen berühmten Comic-Helden diente Barras Hauptort Castlebay. Kein Wunder, der verträumte Ort hat Charme – und natürlich weitere Sehenswürdigkeiten.
Woher Castlebay seinen Namen hat, leuchtet jedem Besucher bei der Ankunft sofort ein: Mitten in der großen Bucht (Englisch: Bay), an der sich die Häuser des Ortes entlang ziehen, erhebt sich die Kisimul Castle stolz aus Meer. Sie dominiert heute den Ausblick und führte früher die Geschicke des auf der Insel Barra ansässigen Clan MacNeil.
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
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Doch Castlebay nur auf die Burg zu reduzieren, wäre ein Fehler. Schließlich hatte der Ort schon berühmte Besucher. Zum Beispiel war der berühmte Reporter Tim bereits hier – naja fast. Denn der Comic-Held aus „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ besuchte im Band „Die schwarze Insel“ eigentlich einen schottischen Ort namens Kiltoch.
Doch der Zeichner der Comics, Hergé, war selbst nie in Schottland. Er arbeitete stets nach Fotos, die ihm ein Agent besorgte. Für die Silhouette und die Straße von Kiltoch holte sich Hergé die Inspiration von einem Foto der heutigen Pier Road in Castlebay.
Hergé war nicht der Einzige, der in Castlebay eine geeignete Kulisse für eine gute Geschichte sah. Denn obwohl der Roman „Whisky Galore“ Begebenheiten auf der Insel Eriskay beschreibt, wurden bei dessen Verfilmung viele Dorf-Szenen nach Castlebay in die Pier Road verlegt.
Die Pier Road ist auch heute noch die wichtigste Straße des Ortes. Sie folgt in einem Schwung einer Landzunge, die sich in die Bucht streckt. An ihrer Spitze sitzt die Anlegestelle für die Caledonian MacBrayne-Autofähre, die zwischen Castlebay und Oban verkehrt. Über Sechs Stunden braucht sie für eine Fahrt dabei.
Früher allerdings ankerten in der Bucht vor allem Fischerboote, denn Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war Castlebay ein wichtiger Standort für die Heringsfischer. Doch die Meere waren irgendwann überfischt und der Boom ebbte ab. Und so ging es Castlebay wie vielen Orten auf den Äußeren Hebriden: Die Bewohner wanderten ab zu den größeren Zentren auf das Festland.
Heute jedoch ist dieser unselige Trend gestoppt. Denn als das Comhairle nan Eilean Siar, der „Rat der westlichen Inseln“, auch hier das Zepter übernahm und Infra-Strukturen schuf, wurde Barra und Castlebay wieder attraktiv. Ein wichtiger Bereich ist dabei natürlich der Tourismus.
Tipps: Sehenswürdigkeiten in Castlebay
Castlebay ist klein, doch gibt es einige interessante Attraktionen hier zu finden.
Kisimul Castle: Natürlich das Wahrzeichen Barras, die Wasserburg der MacNeils. Dazu findet Ihr hier einen ausführlichen Bericht.
Kirche „Our Lady, Star of the Seas“: Über die Stadt wacht die katholische Kirche. Als um 1880 die Gemeinde aufgrund der Heringsfischerei boomte, war die alte Kirche bald zu klein. Als jedoch 1886 Geschäftsmann Neil MacNeil starb und 800 Pfund für eine neue Kirche hinterließ, brachte das den Stein ins Rollen. Mit weiteren Spenden wurde der Bau eines neuen Gotteshauses finanziert und 1888 wurde die „Our Lady, Star of the Seas“ zu Heiligabend mit einer großen Messe eingeweiht.
Mit dieser „Lady“ ist natürlich Madonna Mutter Gottes gemeint, der zum Beispiel auch mit einer Madonna-Statue auf South Uist gehuldigt wird und für die Seefahrer der Stern am Himmel war.
Die Kirche in Castlebay wurde mit der Zeit ausgebaut und bekam auch einen Turm mit Uhrwerk und Glocken. Im Inneren finden sich aufwendige Passionsbilder, Buntglasfenster und schöne Altäre.
Dualchas: Über das Leben auf Barra und den südlichen Inseln Vatersay, Sandray, Pabbay, Mingulay und Berneray erzählen wechselnde Ausstellungen im Dualchas. Fotos und Artefakte aus alten Zeiten lassen die Vergangenheit vor den Augen der Besucher wieder auferstehen. Geöffnet ist der schmucklose Bau von Montag bis Samstag jeweils von 10:30 bis 16:30 Uhr. Eintrittspreise liegen bei 3 Pfund für Erwachsene und 1 Pfund für Kinder.
Dualchas ist Gälisch und bedeutet „Erbe“, es ist also das Kulturerbe-Zentrum.
Café Kisimul: Gleich gegenüber vom Anlegesteg der Fähre zur Kisimul Castle liegt das Café Kisimul mit Blick auf die Burg. Es gibt dort Essen mit lokal gefangenem Fisch und Meeresfrüchten.
Weitere interessante Orte: Eingangs der Pier Road liegt das Tourist Information Centre. Ebenso wie die einzig mir bekannte Tankstelle auf Barra. Natürlich gibt es hier auch einen Supermarkt und eine Post. Castlebay verfügt zudem über ein Ärztehaus und ein Krankenhaus. Letzteres ist sehr gut ausgestattet, wie ich einmal selbst sehen durfte.
Übernachten kann man im Ort in diversen Bed & Breakfasts oder in den Hotels „Castlebay“ und „Craigard“.
Wissen: Einwohner und Sprache
Eine genaue Einwohnerzahl von Castlebay ist schwer zu ermitteln. 2011 zählte die Statistik für den Bereich Vatersay bis Castlebay 557 Personen. Also wird die Zahl um die 500 pendeln. Der dominierende Clan hier ist MacNeil, der seine Herkunft bisher stolz auf den irischen König Niall of the Nine Hostages zurückführte. Allerdings erschütterte kürzlich ein Gentest diese Sichtweise. Der nämlich zeigte, dass die MacNeils auf Barra in Wahrheit von Wikingern abstammen.
Auf Barra sprechen noch etwa 68 Prozent der Menschen (auch) Gälisch. Auf Gälisch heißt der Ort „Bàgh a‘ Chaisteil“, die Bedeutung ist die gleiche.
Direkt hinter Castlebay ragt Heabhal bis auf 383 Meter in die Höhe und ist somit der höchste Berg auf Barra.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „HS9 5XD“ bringt einen nach Castlebay.
Ohne Navi: Auf die Insel kommt man mit der Fähre von Oban aus direkt in Castlebay an. Auf der Insel selbst kann man die große Ringstraße in beide Richtungen fahren, man kommt automatisch immer irgendwann nach Castlebay.