Der ganze Ort ist eine Sehenswürdigkeit: Die Häuser und Gassen der Royal Burgh of Culross führen ihre Besucher um Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück.
Es war blanke Not. 150 Jahre erlebte die Gemeinde von Culross einen wirtschaftlichen Niedergang. Und während die anderen Orte hier am Meeresarm des Firth of Forth sich neue und moderne Häuser leisteten, mussten sich die Einwohner von Culross mit dem bescheiden, was ab dem 16. Jahrhundert hier erbaut worden war.
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Es war das blanke Glück, dass der National Trust of Scotland schon Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte, was für eine unglaubliche Gelegenheit sich in Culross bot. Denn nirgends sonst hatte sich die Struktur einer alten „royal burgh“ so erhalten wie hier. Fast alle wichtigen historischen Häuser in Culross gehören heute dem National Trust, der sich im Rahmen seines Little Houses Improvement Scheme (LHIS) darum kümmert.
Und so erstrahlt Culross heute wieder und zeigt seine Fassaden den Besuchern. Fast alle Gebäude sind weiß gekalkt, nur das Rathaus und der Palace bilden Ausnahmen.
Culross Palace
Der Palace fällt natürlich sofort auf. Nicht nur weil das Anwesen eines der größten des Ortes ist. Sondern auch wegen seiner leuchtenden gelben Fassade. Obwohl er Culross Palace heißt, er hat nichts mit einem königlichen Palast zu tun. Vermutlich ist Palace eine Verballhornung von „pallatial“, zu Deutsch: „prunkvoll“. Und das zumindest stimmt absolut. Denn erbauen ließ das Anwesen der Kaufmann und Unternehmer Sir George Bruce zu Beginn des 17. Jahrhunderts.
Zu seiner Zeit ging es Culross sehr gut. Kohleminen wurden hier ausgeschachtet und direkt über den Firth of Forth verschifft. Einen Teil der Kohle nutzten die Einwohner aber auch dafür, Pfannen mit Meerwasser zu beheizen, um das darin befindliche Salz zu gewinnen. 22 solcher Salzpfannen-Betriebe gab es zur Zeit von Sir Bruce. Es heißt, dass damals dicker Rauch in den Gassen waberte von den Kohlefeuern.
George Bruce setzte beim Kohleabbau neue Maßstäbe: Er ließ die Minen immer tiefer unter den Firth of Forth treiben. Moderne Entwässerungssysteme machten das möglich. Das Ende des Schachts lag als eine kleine Insel mitten im Wasser, nur geschützt durch eine Mauer. Von hier aus konnte es direkt auf Kähne verladen werden. Unten schürfen, oben mit dem Schiff fahren – für die damalige Zeit war das eine Sensation, die sich damals König James VI. persönlich demonstrieren ließ.
Sir Bruces‘ Reichtum drückt sich in seinem Palace aus. Im Inneren für seine Zeit komfortabel und üppig ausgestattet. Hölzerne bemalte Tonnengewölbe spannen sich als Himmel über üppige Tafeln und komfortable Betten. Und dennoch sehen Besucher noch einen deutlichen Unterschied zu dem, was sie in manch königlichen Palästen gezeigt bekommen. (Bilder aus den Räumen habe ich nicht, denn es darf im Inneren nicht fotografiert werden. Dafür gibt es sehr freundliche Guides, die einem fast jede Frage beantworten.)
Auch außen zeigt sich, wie wohlhabend Bruce war. Ein einzigartiger, großer Garten liegt hinter dem Haus und zieht sich den Hang hinauf.
Geschützt wird er durch eine Mauer, die Wind und Wetter abhält und somit das Anpflanzen vieler auch empfindlicher Gewächse ermöglicht.
Ganz oben findet sich sogar eine Rosenzucht.
Innen laufen Hühner herum und wenn man Glück hat, begegnet man dem heimlichen Herrscher des Gartens:
Der Culross Palace zeigt also den Prunk eines Kaufmanns, der im 17. Jahrhundert erfolgreich war. Das Meer reichte damals übrigens bis auf den Platz, an dem der Palace und auch das Rathaus stehen. Sir Bruce war also direkt beim Hafen, um dort zu handeln.
Townhouse
Es war die letzte Amtshandlung des sich auflösenden Stadtrats 1975: Sie übergaben das Rathaus von Culross in die Obhut des National Trust of Scotland. Denn schließlich handelt es sich auch dabei um ein altes und erhaltenswertes Gebäude. Es datiert zurück bis auf das Jahr 1626, auch wenn der Glockenturm erst 1783 dazu kam.
Heute findet sich hier der Shop. Karten für den Eintritt in den Palast und für die (sehr empfehlenswerte!) Stadtführung gibt es hier. Außerdem eine kleine Ausstellung und ein Blick in eine alte Arrestzelle.
The Study
Schlägt man sich in die Gasse, die rechts am Rathaus beginnt, geht man bald auf ein auffälliges Gebäude mit Turm zu. Das ist „the Study“.
Das Haus wurde 1610 gebaut und bezieht seinen Namen vom Studierzimmer oben im Turm. Dort soll Ende des 17. Jahrhunderts bisweilen Bischoff Leighton gelesen und gelernt haben.
Es ist sehr zu empfehlen, sich einer Stadtführung anzuschließen, denn dann darf man in das Haus hinein und erfährt interessante Details. Zum Beispiel, wie die frühzeitlichen „Klingeln“ funktionieren.
Man nimmt den Ring ganz nach oben, gibt ihm einen Schwung und er rutscht, sich drehend, lautstark an der Riffelung nach unten.
Im Haus selbst betritt man ein typisches Zimmer samt Ausstattung.
Auch hier – wie im Palast – sind die Decken nach damaligen Mustern bemalt, nur dass die Farbe aufgefrischt wurde (hier durfte ich fotografieren).
Das oberste Zimmer im Turm ist nun nicht besonders aufregend, es ist leer und karg. Interessant ist aber allemal der Ausblick von dort oben. Zum Beispiel auch auf den Platz mit dem Mercat Cross, dem Markt Kreuz.
Mercat Cross
Das Markt Kreuz steht hier bereits seit 1598. Allerdings sind heute nur noch die Stufen aus dieser Zeit, die Säule und das Einhorn oben drauf stammt von 1902.
Culross Abbey
Geht man an der Study vorbei die Gasse weiter den Berg hinauf, trifft man auf die Culross Abbey. Neben der modernen Kirche, finden sich hier auch Ruinen aus früherer Zeit.
In der Kirche selbst beeindrucken vor allem die Buntglasfenster.
Zudem wurde im Inneren ein größeres Grabmal für Sir George Bruce gesetzt, dem Erbauer von Culross Palace.
Outlander und Co: Culross als Filmkulisse
Die Einzigartigkeit von Culross zieht natürlich all die Filmemacher an, die eine historische Umgebung suchen. Die bekannte Serie Outlander fand hier gleich mehrere Drehorte:
Culross Palace: Im Inneren wurden einige Szenen gedreht, unter anderem in einem Bett. Die Gärten fungierten als die Kräutergärten von Burg Leoch. Und schließlich wurde der Treppenaufgang in Staffel 2, Episode 11, als eine Kulisse für eine Station im Feldzug der Jakobiten gezeigt.
The Study: Das Haus, in dem Geillis Duncan wohnte, ist „The Study“. Bei den Szenen dafür, wurden die weißen Fassaden der Häuser übrigens grau angestrichen und nach dem Dreh wieder weiß getüncht.
Der Marktplatz und die Häuser spielten 2011 als norwegisches Dorf im Film „Captain America – the first Avenger“ mit.
Wissen: Culross, Geburtsort des Glasgow-Gründers
Natürlich ist es nicht sicher, dass es so war, doch die Geschichte geht so. König Lot (Loth), nach dem das Gebiet Lothian benannt ist, verbannte seine Tochter Teneu (Thenew), weil sie nach einer Vergewaltigung durch einen walisischen Prinz ein Kind erwartete. Er setzte sie auf einem Boot im Westen des Firth of Forth aus. Der Wind und die Strömungen trieben sie aber bei Culross an Land, wo damals schon eine christliche Gemeinde unter dem Heiligen Serbán (St Serf) lebte.
Teneu gebar hier ihr Kind und taufte es Kentigern. Der Heilige Serbán aber rief es immer mit dem Spitznamen „Mungo“ für „sehr Geschätzer“. Als Erwachsener zog Mungo selbst hinaus, um das Christentum zu verbreiten. Er ging nach Westen und ließ sich an einem Bach nieder, um eine Kirche zu bauen. Die Siedlung, die dort entstand, verehrt ihn noch heute als den Heiligen Mungo. Ihr Name: Glasgow.
Tipps: Stadtführung und Treppen
Drei mal am Tag startet eine Führung durch Culross, die sehr erlebenswert ist, weil sie unheimlich viele schöne Infos mitgibt. Die Karten bekommt man im Townhouse, in dessen Amtszimmer man am Ende der Führung auch noch hinein darf.
Ist sie vorbei und hat man sich im Palast und den Gärten genügend umgesehen, lohnt ein Spaziergang durch den Ort. So gibt es kleine Treppen und Gassen, die außen um den Garten herumführen.
Oberhalb der Gärten hat man auch einen wunderbaren Blick über den Firth of Forth mit seinem Industriegebiet auf der anderen Seite.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: Der Code “ KY12 8JH“ führt nach Culross.
Ohne Navi: Von Edinburgh aus fährt man zunächst auf die A90 über den Firth of Forth. Gleich dahinter geht es auf die A985 Richtung Kincardine. Dort der Abfahrt nach Culross folgen und über die schmale Straße runter zum Firth of Forth gelangen. Noch durch den Ort hindurchfahren, es kommt ein großer Besucher-Parkplatz nur für PKWs, der ganz nahe am Palace liegt.
Ein ausgiebiger Spaziergang ist wirklich sehr empfehlenswert. Zur Ausstellung im Townhouse möchte ich noch ergänzen, dass es sich bei der Ausstellung um Photographien von Schottland handelt. Diese gibt es in unterschiedlichen Größen auch zu kaufen. Wirklich sehr empfehlenswert, zumal der Künstler selbst (ein älterer Herr) auch häufig selbst da ist. Und er freut sich immer, wenn er Deutsch sprechen darf.