Wie Reißzahn ragt das Dun Carloway in die Höhe, zackig und scharf. Der Turm aus der Eisenzeit gilt als eines der am besten erhaltenen Brochs in Schottland. Und in einer Clanfehde spielte es eine grausige Rolle.
Die Morrisons waren räudige Viehdiebe! Und diesmal waren sie so dumm, sich erwischen zu lassen. Donald Cam MacAulay hatte die Bande mit seinen Begleitern schon seit Tagen verfolgt, hatte sie quer über das Meeresloch Ròg gehetzt und jetzt sahen die Morrisons keinen anderen Ausweg, als sich im Broch Dun Carloway zu verschanzen. Sie glaubten sich geschützt durch die hohen Mauern des alten Turms.
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
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Dun Carloway war schon immer da gewesen. Noch vor den MacAulays und den Morrisons. Es hatte ganzen Familien Geborgenheit gegeben, hatte den Jahrhunderten getrotzt. Doch durch Donalds Hand sollte es nun fallen.
Zuerst tötete er die Wache außen und seine Männer blockierten den Ausgang. Dann – einen Dolch in jeder Hand als Steighilfe – erklomm Donald die Außenmauer des Brochs Meter für Meter. Oben auf dem Rand zog er dann Bündel von Heidekraut hinauf, setzte es in Brand und warf es hinab. Immer mehr und mehr, bis Rauch und Feuer ihre Arbeit geleistet hatten, bis im Broch kein Ton mehr zu hören war.
Die Viehdiebe waren tot, das Broch ihr Grab. Die waghalsige Geschichte von Donald Cam MacAulay erzählt man sich heute noch.
Wissen: Außergewöhnliches Dun Carloway
Brochs sind kreisrunde Türme aus der Eisenzeit. Rund 500 Überbleibsel dieser Bauten sind den Archäologen in Schottland bekannt. Dun Carloway auf der Insel Lewis ist jedoch in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Zum einen weil es – anders als zum Beispiel das Dun Telve – erst im ersten Jahrhundert vor Christus fertiggestellt wurde. Für ein Broch ist das sehr spät.
Zum zweiten ist es eines der am besten erhaltenen Exemplare. Die Ostmauer ragt noch immer fast neun Meter in die Höhe. Man sieht noch viele Kammern und kann deutlich den Raum zwischen den beiden Außenwänden ausmachen, in denen Lebensmittel gelagert wurden.
Dun Carloway stand zudem sehr lange noch komplett und man vermutet, dass es sogar noch im 13. Jahrhundert nach Christus bewohnt wurde. Als Donald MacAulay die Morrisons ausräucherte muss das Broch noch vollständig intakt gewesen sein. Erst danach haben wohl umliegende Bewohner die Steine als Baumaterial für ihre Häuser eingesetzt.
Brochs wurden übrigens ohne jeglichen Mörtel errichtet. Dun Carloway war eine Meisterleistung der Bauherren. Denn der Turm hat immerhin einen Durchmesser von 14 Metern und musste innen noch Holzgalerien tragen, auf denen die Bewohner schlafen und Leben konnten.
Tipp: Zuerst ins Visitor Centre
Den Visitor Centre am Fuße des Hügels beim Parkplatz sollte man sich durchaus vor dem Besuch des Brochs gönnen. Denn darin sind Szenen nachgestellt, wie das Leben in Dun Carloway ausgesehen haben mag. Fragen beantworten die Mitarbeiter dort gerne und meist ausführlich.
Mit diesem Wissen im Kopf und mit beflügelter Fantasie, kann man dann in der Ruine das Leben der einstigen Bewohner auferstehen lassen und spürt so mehr von der Atmosphäre des Steinturms.
Das sehr kleine Visitor Centre ist übrigens selbst sehr schön gemacht: Es ist halb unterirdisch und fügt sich geschmeidig in die Landschaft ein.
Persönliche Anmerkung: Grandiose Kulisse
Ich war schon von Dun Telve beeindruckt – doch Dun Carloway ist eine Klasse für sich. Denn es steht auf erhöhter Position und so hat man einen grandiosen Blick auf die wilden Lochs und zackigen Berge der Inseln Lewis und Harris.
Anfahrt:
Für das Navigationsgerät: Die Eingabe von „HS2 9AA“ bringt einen sehr Nahe an den Abzweig zum Broch. Hier auf entsprechende Schilder achten.
Ohne Navi: Die Anfahrt erfolgt entweder nördlich oder südlich über die A858, die im Westen der Isle of Lewis verläuft. Kommt man von Norden, muss man zirka zwei Kilometer nach dem Ort Carloway rechts abbiegen. Vom Süden kommend, liegt die Abzweigung linker Hand und erfolgt etwa 10 Kilometer hinter den Steinen von Callanish.