Wenn es noch eine Schule für Burgbau gäbe, dann stünde Dunstaffnage sicher auf dem Lehrplan. Denn was von der Castle übrig ist, wirkt wie die Aufrisszeichnung von mittelalterlichen Gemäuern.
Wenn man sich Dunstaffnage Castle nähert, erkennt man fast nicht viel außer einer glatten und unglaublich hohen Mauer. Und die ist intakt und wehrhaft wie eh und je. Sobald man aber die kleine Treppe zum Eingang erklommen hat und durch den dunklen Gang in den Hof tritt, zeigt sich das Besondere des Innenlebens. Denn kaum eine andere Burg gibt so viel Einblicke in ihre Konstruktion wie Dunstaffnage.
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Da steht zum Beispiel das alte Wohngebäude beraubt aller Decken. Wenn man es unten betritt, schweben über den Köpfen die Kamine in den Wänden – denn erst dort war der eigentlich Wohnraum, unten lag das Verlies. Und so kann man an den Fenstern, Kaminen und Ausbuchtungen gut erkennen, wer wie wo gelebt hat damals.
Dunstaffnage zeigt auch deutlich, welche Handschriften die verschiedenen Epochen tragen. Da liegt im Eck der kleine Burgfried, das ehemalige Haus desjenigen Lords, der kurz nach Erbauen der Burg im Jahre 1250 hier eingezogen war. Nach heutigen Maßstäben wäre das nicht einmal eine Studentenbude, dafür schließt sich aber gleich noch eine kleine Halle für die Festivitäten an.
Von beiden steht allerdings nicht mehr viel. Doch gleich rechts davon erhebt sich das große Torhaus. Der Clan Campbell hatte hier 1470 die Macht übernommen und dieses Gebäude errichtet. Erst danach im 18. Jahrhundert wurde noch das nun verfallene Haus in der Mitte eingefügt.
All das kann man wunderschön von dem Gang auf der Wehrmauer überblicken. Sie bringt einen so weit nach oben, dass man die einzelnen Gebäude im Blick hat und die Struktur der Burg klar erkennt. Das Gute dabei: Eine Infotafel oben auf dem Gang erklärt dem Besucher genau diese einzelnen Elemente.
Vor lauter Begeisterung für die Konstruktionen innen, sollte man den Blick nach außen über die Mauern nicht vergessen. In der Ferne sieht man Meer, Inseln und Buchten. Wunderschön.
Wissen: Die Geschichte von Dunstaffnage
Dieser grandiose Ausblick besteht auch deshalb, weil die Burg etwa im Jahre 1220 so auf einem Felsen errichtet wurde, dass sie den Firth of Lorn und die Einfahrt zum Loch Etive überwachte. Erbauer der Burg waren die MacDougalls, genauer vermutet man Duncan MacDougall dahinter, der ein Enkel von Somerled, dem Befreier der Inseln, gewesen sein soll.
Die MacDougalls lagen in ständiger Fehde mit den Campbells, die sie allerdings so lange im Griff hatten, bis sie sich gegen Robert the Bruce, den Befreier Schottlands stellten. Die MacDougalls waren durchaus für ein unabhängiges Schottland, doch waren sie verwandt mit Bruces‘ Rivalen John Comyn. Nachdem Robert the Bruce diesen Rivalen erstochen hatte, marschierte er mit 3.000 Mann gegen die MacDougalls. Die versuchten ihn in einen Hinterhalt zu locken, was misslang. Das Ende vom Lied: Dunstaffnage wurde in königlichen Besitz genommen und später ausgerechnet den Erzfeinden des Clan Campbell übergeben.
Persönliche Anmerkung: Flora war auch hier
Man entkommt ihr einfach nicht: Kaum ein Ort, an dem Flora MacDonald nicht war – oder Bonnie Prince Charlie. So hat es mich erstaunt zu erfahren (allerdings erst bei der Nachrecherche), dass Flora MacDonald nach ihrer Fluchthilfe für den Prinzen im Jahre 1746 für einige Tage auf Dunstaffnage eingekerkert war, ehe sie zum Tower nach London gebracht wurde.
Tipp: Unbedingt Zeit für einen Spaziergang nehmen
Wie so oft lohnt es sich auch hier, sich einige Schritte von der Hauptattraktion zu entfernen. Wenn man also etwas auf dem Grundstück umherschweift, etwa im nahen Wäldchen, wird man dort noch die Ruine einer Kapelle finden oder auch eine wunderschöne kleine Buchten mit Kieselsteinen. Aber auch hier ist – wie immer – gutes Schuhwerk gefragt.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „PA37 1PZ“ ins Navi tippen, das bringt einen in die Nähe, dann auf Hinweisschilder achten.
Ohne Navi: Von Oban kommend nimmt man die A85 Richtung Fort William. Schon nach etwa 4 Kilometer oder etwas über 2 Meilen biegt man nach links dem Hinweisschild folgend ab und fährt durch das neue Industriegebiet bis zum Parkplatz.