Die kleinste traditionelle Destillerie in Schottland ist die Edradour Destillerie. Ihre alten, weiß getünchten Farmhäusern ziehen sich malerisch einen Hügel hoch. In den Gebäuden finden sich manch alte Schätze.
Leider ist die Destillerie auch im Jahr 2024 geschlossen für Touren. Es fehlen wohl Tourguides.
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Der Tour-Guide wird nicht müde es zu betonen: Edradour ist die kleinste traditionelle Destillerie Schottlands. Noch vor wenigen Jahren konnte er sich den Zusatz „traditionell“ sparen, doch seitdem sich auf den Inseln im Westen kleine neue Whisky-Brennereien gebildet haben – zum Beispiel die Kilchoman Distillery auf Islay oder Abhainn Dearg auf den Äußeren Hebriden -, muss das Alter von Edradour eben noch mit betont werden.
Und dieses Alter ist durchaus beeindruckend. Seit 1825 wird in den Gebäuden am Edradour Bach Whisky gebrannt. Eine lebhafte Geschichte.
Edradour liegt oberhalb des Ortes Pitlochry mitten im Perthshire an den südlichen Ausläufern der Cairngorm Berge. In den sanften Hang betten sich die weißen Häuser mit rot gestrichenen Türen ein, zwischen ihnen fließt der Bach Edradour hindurch. Die Brennerei wirkt dabei eher wie ein kleines Dorf – und der Eindruck täuscht nicht. Denn Edradour Whisky entstand aus der Kooperation verschiedener Farmer der Gegend, die eine sinnvolle Verwendung für ihre überschüssige Gerste suchten. Damals allerdings unter dem Namen Glenforres.
Über hundert Jahre lang baute die Edradour Brennerei ihre Produktion und auch ihren guten Ruf auf. Kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte Edradour den House of Lords und King’s Ransom – jeweils blended Whiskys. Deren Ruf reichte bis in die USA und fand dort auch Gehör bei Frank Costello, einem Mafiaboss in New York. Über einen Strohmann namens Irving Haim stieg Costello 1934 bei Edradour als Eigner mit ein und so verließen ganze Schiffsladung von Edradour Schottland in Richtung Amerika.
Eines dieser Schiffe sollte Berühmtheit erlangen: Die SS Politician lief vor der kleinen Insel Eriskay auf Grund. Die Einheimischen plünderten das Wrack daraufhin und viele Flaschen von King’s Ransom und House of Lords verschwanden. Heute sind viele davon wider aufgetaucht. Meist leer. Man kann einige Flaschen der SS Politician auf Ersikay bewundern – zum Beispiel im dortigen Pub.
Die Edradour Distillery blickt also tatsächlich auf eine lange und ununterbrochene Geschichte zurück. Und sie zeigt sie auch gerne her. So gibt es im Inneren einzigartige Geräte zu sehen: Zum Beispiel die Mash Tun, in der gemahlene und gemälzte Gerste mit Wasser vermischt und erhitzt wird. Der schmiedeeiserne Bottich hat immerhin schon 110 Jahre auf dem Buckel. Eine ähnliche Rarität ist der Morton-Refrigerator, eine Art Kühlbecken mit Lamellen, der die Würze (eng.l: Wort) wieder abkühlt, ehe sie zum Gären in die hölzernen Washbacks geleitet wird. Es ist der letzte seiner Art, der in der Whisky-Herstellung noch eingesetzt wird.
So tauchen Besucher also in eine kleine Whisky-Zeitreise ein und werden um Jahrzehnte zurückversetzt. Genau das ist der Grund, warum sich ein Besuch hier lohnt und wodurch sich Edradour wohltuend von den großen Brennereien abhebt.
Wissen: Produktion pro Jahr
Die Edradour Distillery produziert pro Jahr etwa 250.000 Flaschen Whisky. Große Destillerien erreichen das locker in nur einer Woche. Dafür ist Edradour eine der wenigen Destillerien, die nicht zu einem der ganz großen Konsortien gehört. Denn im Jahr 2002 hat eine Firma aus Edinburgh namens Signatory Vintage Scotch Whisky die kleine Brennerei vom großen Pernod Ricard-Konzern gekauft. Preis: 5,4 Millionen Pfund (zirka 6,8 Millionen Euro). Edradour ist also wieder in schottischer Hand.
Im Jahre 1823 – also kurz vor der Gründung – wurde ein Verbrauchssteuer-Gesetz erlassen, das auch gleichzeitig die Mindestgröße einer Destillerie regelte. Sie sollt genauso groß sein, dass sie nicht abgebaut und transportiert oder versteckt werden kann. Edradour erfüllt diese Mindestgröße knapp und gehört damit zu einer der kleinsten Brennereien.
Persönliche Anmerkung: Whisky im Farblicht geht nicht
Unsere Tour bei Edradour begann oben in einem großen Zimmer. Dort erhielten wir bereits einen Whisky zum Testen. Ich schaue mir vor dem Trinken gerne die Farbe des Whsikys an – ist er eher braun, oder goldgelb? Nun, ich kann sagen: Der Edradour ist grün. Nein, blau. Nein, jetzt ist er rot! Gelb?
Im Besucherzimmer wechselte nämlich während des gesamten Tastings das Licht seine Farbe. Ich kenne diesen Effekt nur von der Sauna, wo die wechselnden Farben für Entspannung sorgen sollen. Hier machte das seltsame Farbenspiel jedoch ein gemütliches Whisky-Tasting zunichte. Schade.
Immerhin war das aber das Einzige, was mir nicht gefiel.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: Beistzer eines TomTom-Navis geben de Code „V0.0V4F“ ein. Alle andere kommen mit dem Piostcode „PH16 5JP“ zumindest in die Nähe.
Ohne Navi: Von Perth im Süden nimmt man die A9, fährt vor Pitlochry ab und hinein in den Ortskern. Dort geht von der Hauptstraße eine Straße nach rechts weg, an der schon die Destillery ausgewiesen ist. Ebenso kann man über die A9 von Norden her anfahren, zum Beispiel von Inverness aus. Dann muss man entsprechend nach links zur Destillerie abbiegen.