Ein gigantisches Rad aus Stahl hebt ganze Schiffe in den Himmel. Das Falkirk Wheel ist das größte und einzige rotierende Schiffshebewerk der Welt. Und sieht zudem noch gut aus.
Unten am Forth and Clyde Canal scheint alles ein wenig antik zu sein: Schmale, lange Holzboote, aufwendig verziert und in auffälligen Farben säumen ein pflanzenüberwuchtes Ufer. Romantik wie aus einem früheren Jahrhundert.
Schottland Wandkalender 2025 in A3
Zwölf wunderschöne Motive aus Schottland mit der Isle of Skye, Isle of Mull, Stirlingshire und vielen anderen Orten. Alle Seiten hier ansehen:
Doch schon ein Stück weiter oben zweigt ein Seitenarm des Kanals ab, der einen schonungslos in die Moderne zurück zerrt. Hier startet der Union Canal, der nach 50 Kilometern schließlich unterhalb der Edinburgh Castle im Lochrin Basin endet. Der Forth Clyde Canal verläuft dagegen weiter nach Grangemouth, wo die Boote schließlich die Kelpies passieren, ehe sie in den Firth of Forth hinausfahren.
Um nach Edinburgh zu gelangen, muss der Union Canal zunächst etliche Höhenmeter überwinden. Früher durchfuhren die Boote dafür elf Schleusen, das benötigte oft einen ganzen Tag. Heute schafft das ein Monster aus Stahl in nur vier Minuten: das Falkirk Wheel.
24 Meter hoch hebt das Stahlrad seine Ladung. Aber selbst das reicht noch nicht. Bereits vorher müssen Boote eine Schleuse überwinden, deren Tore, ganz im Gegensatz zur Maschine des Wheels, per Muskelkraft geöffnet werden.
Wenn das Boot diese Schleuse passiert hat, öffnet sich vor ihm ein großes Becken an dessen Ende das Falkirk Wheel einen seiner Köpfe in das Wasser taucht.
So ein einzigartiges Bauwerk zieht natürlich Schaulustige an. Das war auch den Erbauern klar. Und so steht der Schiffslift in der Mitte einer Naherholungsanlage. Hier gibt es mehrere (!) Spielplätze für Kinder, die teilweise noch spielerisch Physik aufzeigen.
Allerlei Buden bieten Essen an und seitlich vom Falkirk Wheel liegt eine großes silbernes Gebäude, dessen Form Ähnlichkeit mit einem Achtelstück Zitrone hat. Darin das Visitor Centre und ein Cafè – beide mit bestem Ausblick auf das Rad.
Vom Visitor Centre aus starten auch die moderneren blauen Ausflugsboote Richtung Union Canal. Direkt nach dem Ablegen fahren sie in die untere Gondel des Rades ein. Vier Minuten dauert dann die halbe Runde, ehe das Boot oben wieder ausfahren darf.
Anschließend fahren sie das kurze Stück oben auf dem Aquädukt entlang, das eine phänomenale Kulisse bietet.
Kaum haben sie das hinter sich gelassen, verschwinden sie in einem Tunnel, ehe der Kanal einen Knick macht und Richtung Edinburgh führt.
Doch es muss gar keine Bootsfahrt sein, damit man das Falkirk Wheel und seine Umgebung genießen kann. Mehrere Wege führen rund um das Gelände und laden ein, sich hier die Füße ein wenig zu vertreten, ehe man sich auf Kaffee und Kuchen auf einen der vielen Plätze setzt und dem Rad bei seiner schweren Arbeit zusieht.
Das Falkirk Wheel ist mittlerweile ein Wahrzeichen für Schottland. Darum landete es wieder auf dem neuen 50 Pfund Schein der Bank of Scotland, der ab 1. Juli 2021 gilt. Dahinter sind die Kelpies zu sehen.
Wissen: Die technische Leistung des Falkirk Wheels
Ein paar blanke Zahlen. Das Falkirk Wheel ist insgesamt 35 Meter hoch. Niemand hat das gesamte Konstrukt bisher gewogen, doch man weiß, dass 1.200 Tonnen Stahl verbraucht wurden. Auf 35 Lastwägen verteilt wurden die Einzelteile dann aus Derbyshire nahe Manchester in den Norden transportiert. Zusammengehalten wird alles von 15.000 Nieten.
Die Idee für ein Rad als Bootslift wurde bereits 1994 zum ersten Mal ins Auge gefasst. Acht Jahre später weihte schließlich Queen Elisabeth das fertige Falkirk Wheel ein.
Die beiden Gondeln wiegen zusammen 600 Tonnen und fassen zusammen 500.000 Liter Wasser; das entspricht etwa dem Inhalt eines Schwimmbecken bei den olympischen Spielen.
Angetrieben wird der Lift von zehn Hydraulikmotoren, die pro Runde gerade mal 1,5 Kilowattstunden Energie verbrauchen. Das entspricht etwa eineinhalb Waschmaschinengänge – nur dass hier mit sehr viel mehr Wasser hantiert wird und es hoffentlich keinen Schleudergang gibt.
Doch warum wurde überhaupt so ein Aufwand betrieben für einen alten Kanal? Nicht umsonst hatte man 1933 die elf Schleusen abgerissen und nach 111 Jahren die Verbindung stillgelegt. Die Antwort lautet in Schottland wie so oft: Tourismus. Der Union Canal wird heutzutage als Ausflugsziel mit Erholungswert von Schotten wie auch Ausländern geschätzt.
Weitere technische Details verrät dieses Video auf Englisch:
Tipps: Noch mehr von den Kanälen sehen
Wenn man schon in der Nähe ist, lässt sich ein kleiner Ausflug zum Ende des Forth & Clyde Canals und damit zu den Kelpies in Falkirk gleich mit anhängen. Die Kelpies können dabei am Ende des Tages besucht werden. Wenn es schon dunkel wird, umso besser: Dann kann man die Pferdestatuen in wunderbarer Beleuchtung genießen.
Auf dem Weg zu den Kelpies kann man in Falkirk selbst noch einige alte Schleusen ansehen.
Persönliche Bemerkung: Kinderfreundlich und durchdacht
Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr die Schotten notwendige Bauwerke schön gestalten und darum gleich einen ganzen Erlebnisbereich schaffen. Das Falkirk Wheel ist dafür ein weiteres Beispiel.
Beeindruckt hat mich dabei von der Menge an Spielmöglichkeiten. Es gibt einen „normalen“ Spielplatz mit großer Rutsche, einen kleinen künstlichen See mit allerlei Wasserfahrzeugen und einen ganzen „Wasser“-Park in dem Kinder an verschiedenen Geräten spielerisch physikalische Gesetze wie die Verdrängung erfahren können.
Anfahrt:
Mit dem Navigationsgerät: „FK1 4RS“ bringt einen nahe der Abzweigung zu den oberen Parkplätzen des Falkirk Wheels.
Ohne Navi: Wenn man von Glasgow aus kommt, fährt man die M80, die man bei der Ausfahrt „Kilsyth, Bonnybridge“ verlässt. Anschließend immer den Schildern nach Falkirk und auf die A803 folgen. Schließlich landet manin einem Kreisverkehr, bei dem das Falkirk Wheel bereits mit braunem Hintergrund und einem Parkplatz P ausgewiesen ist.
Kommt man aus Edinburgh auf der M9, nimmt man die Abfahrt fünf nach Falkirk/Grangemouth. Im Kreisverkehr die erste Ausfahrt nach Falkirk nehmen (also quasi geradeaus). Dieser Straße, der A9, folgt man nun immer weiter. Sie führt einen um Falkirk herum, gleichzeitig zeigen einem die typischen braunen Schilder den Weg. Nur einmal in eine Kreisverkehr wird es verwirrend, denn da zeigt ein gelbes Schild zum „Service Entrance Falkirk Wheel“. Das ignorieren und immer weiter auf der A9 bleiben, ehe das oben beschrieben Parkplatzschild erscheint.
Nach unserer Ansicht kann man sich die völlig überteuerte Fahrt mit dem Schiff ins Hebewerk sparen. Im Visitorcenter bei einer schönen Tasse Kaffee und einem Scone sieht man viel mehr. Und wer die Aussicht von oben genießen will, kann außen rum hoch laufen und sieht dann sogar mehr, da man auf dem Kanalrand höher steht als im Boot.