Glen Coe – Traumkulisse für den Tod

Was für eine wunderschöne Landschaft, was für eine grausame Geschichte. Das Hochland-Tal Glen Coe war Schauplatz des berühmtesten Massenmords Schottlands.

Glencoe
Glencoe

So tödlich können zwei Zeilen eines Briefes sein: „You are hereby ordered to fall upon the rebells, the McDonalds of Glenco, and put all to the sword under seventy.“ – Zu deutsch: Alle MacDonalds in Glen Coe müssen sterben. Empfänger der Depesche war Robert Campbell, ein Offizier der Krone, der in Glen Coe samt seiner 120 Soldaten schon seit Tagen die Gastfreundschaft eben jener Menschen genossen hatte, die er nun töten sollte.

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Nicht etwa offenen Visiers, nein im Schlaf sollte er seine Gastgeber meucheln. Denn auch hier gab der Brief eine Anweisung: „att fyve of the clock precisely“ – präzise um fünf Uhr in der Früh.

Doch warum mussten die MacDonalds überhaupt sterben? Was machte sie angeblich zu Rebellen? Woher kam der Befehl?

Wer zu spät kommt, den bestraft der Tod

Überleibsel von Hütten aus dem 18. Jahhrundert auf dem Woodland Walk
Überleibsel von Hütten aus dem 18. Jahhrundert auf dem Woodland Walk

Die MacDonalds sind ein Highland-Clan, und die Highlander waren zu dieser Zeit Jakob II, König von England und Schottland, treu ergeben. Doch Jakob wurde ins Exil vertrieben und ersetzt von Wilhelm III. von Oranien. Der neue König forderte bald den Treueschwur der Highlands-Clans und setzten ihnen dafür eine Frist: Bis zum 1. Januar 1692 sollten alle den Eid geleistet haben.

Ein Schwur ist nichts, was die MacDonalds auf die leichte Schulter nahmen. Sie wollten sich vorher die Erlaubnis ihres Exilherrschers Jakob einholen – und das dauerte. So kam es aus verschiedenen Umständen, dass sie den Eid ganze sechs Tage zu spät ablegten. Und das war Grund genug für Wilhelm von Oranien ein Exempel zu statuieren. Ein blutiges.

Nun brauchte man nur noch den richtigen Mann für den Befehl. Fündig wurde man in Robert Campbell. Die Campbells lagen schon seit langem in Fehde mit den MacDonalds und Robert hatte noch eine Rechnung mit ihnen offen. Erst vor kurzem hatten die MacDonalds sein Vieh gestohlen. Zudem waren die Campbells als Lowlander der neuen Regierung ergeben.

Robert war der perfekte Mann für den Mord.

Das Massaker nimmt seinen Lauf

Und so geschah es am Morgen des 13. Februar 1692. Pünktlich um fünf Uhr begannen die Soldaten ihr tödliches Werk und schlachteten einen MacDonald nach dem anderen ab – die wenigsten konnten Gegenwehr leisten oder fliehen. Aus dem wunderschönen Tal Glen Coe war eine tödliche Falle geworden.

Fhionn Glen
Fhionn Glen

In solchen grausamen Augenblicken der Geschichte, werden die kleinen Helden oft vergessen. Menschen, die ihre Menschlichkeit nicht verlieren, nur weil es ein Befehl verlangt. Die beiden Leutnants Francis Farquhar und Gilbert Kennedy waren solche Helden. Sie verweigerten den Befehl und zerbrachen ihre Schwerter. Andere Soldaten warnten ihre Gastgeber, halfen ihnen zunächst zu fliehen.

Doch den Lauf des Schicksals hielten sie damit nicht auf. Ruchlos setzten die anderen Soldaten ihr Werk fort, jagten und töteten die Männer des Clan Donald. Häuser und Hütten wurden in Brand gesetzt, so dass der Winter das grausame Werk vollendete und Frauen und Kinder in der eisigen Kälte der Nacht ums Leben kamen. Am Ende waren fast 80 Menschen ermordet oder erfroren.

Die Folgen des Massakers in Glen Coe

Den Gastgeber ermorden? Das geht gar nicht! Die Bevölkerung Schottlands war entsetzt und Teile der schottischen Verwaltung wollten den Mördern den Prozess machen. Doch der Befehl kam ja vom König selbst und der war unantastbar.

Man war sich zwar einig, dass das Verbrechen allen Abscheu verdient habe, man benannte auch Schuldige. Doch denen wurde der Prozess nie gemacht. Nicht einmal Robert Campbell.

Das Gute immerhin: Den beiden Leutnants, die den Befehl verweigert hatten, geschah am Ende ebenfalls nichts.

Doch der feige Mord brannte sich in das kollektive Gedächtnis der Highlander ein. Die Erinnerung daran war für viele später ein Grund, sich dem großen Jakobiteraufstand anzuschließen – der in einem noch größeren Massaker endete.

Wissen: Über das Glen Coe

Zwei der Three Sisters of Glen Coe
Zwei der Three Sisters of Glen Coe

Glen Coe nur an dem tragischen Vorfall festzumachen, wird seiner Schönheit allerdings nicht gerecht. Das Tal bietet tatsächlich eine einzigartige Berglandschaft, die viele Wanderer in ihren Bann zieht. Glen Coe ist zudem sozusagen der Brenner-Pass der Schotten, die Verbindungsstraße zwischen dem Südosten und der nördlichen Westküste.

HINWEIS: Seit dem 27. April 2021 ist es auf der A82 zwischen Tyndrum und North Ballachulish verboten anzuhalten („no stopping order“). Das gilt für Fotostopps an der Straße oder auch Parken für das Wandern. Ausgenommen sind Anweisungen der Polizei oder Notfälle. Damit will man Rückstaus, Unfallgefahr und auch zunehmende Zerstörung verhindern. Nur auf ausgezeichneten Parkplätzen ist das weiter erlaubt. Die Parkplätze werden dafür teils auch ausgebaut. Die Verordnung ist hier nachzulesen.

Im Westen, dort wo der Ort Glen Coe liegt, findet man das Visitor Centre, das viel zur Geschichte und Geologie des Tals erzählt. Neben einem Shop und einem Cafe gibt es hier auch eine Aussichtsplattform, mit Blick auf den An t-Sron und das Fhion Glen. Von hier aus kann man auch einen kleinen Rundweg durch den Wald nehmen, der einen an die Ruinen des Hauses bringt, in dem der Clanführer der MacDonalds lebte, ehe er hier erschlagen wurde. (Anmerkung: Ich bin nicht sicher, woher ich damals diese Info hatte. Auf jeden Fall stammen diese Überreste aus dem 18. Jahrhundert und können nicht dem Clan-Führer gehört haben. Bitte entschuldigt den Fehler.)

Folgt man der Straße ostwärts, macht das Tal einen Knick. Es folgt ein weiterer Parkplatz, der einen Rundweg zum Signal Rock anbietet. Der Felsen heißt so, weil ein Feuer darauf von beiden Seiten des gebogenen Tals zu sehen ist. Ihm wird angedichtet, dass hier auch das Signal für das Massaker erfolgte – allerdings findet sich kein seriöser Hinweis darauf in den Geschichtsbüchern.

Black Rock Cottage mit Glen Etive im Hintergrund
Black Rock Cottage mit Glen Etive im Hintergrund

Wieder auf der Straße erreicht man nun die Three Sisters, drei wunderbar geformte Bergkuppen, die allerdings den Bidean nam Bian verdecken, der mit 1.150 Metern höchsten Berg von Glen Coe. Weiter Richtung Osten passiert man einen Wasserfall an der Straße, ehe sich das Tal zu einer Hochebene weitet.

Schließlich endet Glen Coe in einer kurzen Abfahrt hinab zum wilden Rannoch Moor.

Übrigens: Im Tal wurden auch einige Szenen für den „Gefangenen von Azkaban“ aus der Harry Potter-Filmreihe gedreht. Nahe dem Clachaig Inn und dem Signal Rock stand zum Beispiel Hagrids Hütte und das Ende der Brücke zur Hogwarts-Schule.

Tipp: Seitlich auf dem Single Track ins Glen Etive

Ein Seitental des Glen Coe ist sehr sehenswert. Es heißt Glen Etive und erstreckt sich von der Hochebene im Osten nach Süden. Eine kleine Single Track Road führt hinein und endet am großen Loch Etive.

Persönliche Anmerkung: Das Tal und die Autobahn

Das Tal ist wunderschön, aber leider ist Glen Coe eben auch ein viel befahrener Pass. An schönen Tagen heizen hier Motorradfahrer über die Straße und drehen möglichst laut auf. So ist Glen Coe leider kein stiller Ort – es sei denn man hält sich etwas abseits der Straße und wandert ein Stück.

Die kleine Schlucht neben der Straße
Die kleine Schlucht neben der Straße

Apropos abseits der Straße: Der kleine Wasser Fall in der Mitte von Glencoe, nahe der Three Sisters liegt quasi an der Autobahnbrücke. Doch wenn man dort (vorsichtig!) hinunter steigt, findet man ein wunderschönes Fleckchen Erde und vergisst die Straße glatt besonders schön ist die kleine Schlucht, durch die der Fluss fließt.

Anfahrt:

Mit Navigationsgerät: „PH49 4HX“ bringt einen in die Nähe des Visitor Centres.

Ohne Navi: Von Südosten kommend folgt man der A82 nach Fort William. Die Straße führt durch Glen Coe. Kommt man von der Westküste, fährt man die A82 nach Crianlarich.

Glen Coe Infos

BesonderheitWunderschönes und langes Tal mit hohen Bergen und einer schaurigen Geschichte

Mapcode für NavisFCT2.QRM
» Was ist das?

Postcode für NavisPH49 4HX

WebseiteHier klicken

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7 Kommentare zu “Glen Coe – Traumkulisse für den Tod

    Von Elke Furck

    Das ist ein wunderschönes ,,Fleckchen Erde´´Haben es vor vielen Jahren das 1. Mal entdeckt und da heizten noch so gut wie keine Motorräder und viele Autos durch den Glen Coe.Einfach nur toll!!!!Wunderbar auch heute noch! LG Elke

    Von Florian

    Hallo Elke,

    super spannende (grausame) Geschichte… Wir sind jetzt ein paar Tage in der Gegend und schon sehr gespannt. Hoffen wir Mal, dass das Wetter mitspielt

    Viele Grüße
    Florian

    Von Richi

    Das Coire Grabhail (Hidden Valley) ist ein wunderbares Seitental des Glen Coe.
    https://www.walkhighlands.co.uk/fortwilliam/lostvalley.shtml
    Es lohnt sich das zu besichtigen.

    Von Richi

    Fotos wären auch noch vorhanden, falls gewünscht ;)

    Von Jürgen Beiler

    Viel störender als die Motorräder, die wenigstens flott unterwegs waren, fanden wir die Massen an Omnibussen und schweren LKW, da durch das Glen Coe die Hauptverbindung des Nordwestens und von Skye nach/von Glasgow/Edinburgh führt. Entschädigt wird man dann allerdings wirklich durch das sehr schöne Glen Etive.

    Von Max Huber

    Liebe Elke
    Glen Coe wird ja auch das Tal der Tränen genannt (zumindest von mir). Die Geschichte der MacIans ist entsetzlich. Dennoch gibt es viele Touristen, die durch dieses Tal fahren, um damit anzugeben: Ich war dort, es ist ein schöne Landschaft. Niemand ist sich der Tragik bewusst, die diesen Ort umgibt. Das Massaker nimmt in der Geschichte Schottlands einen der traurigsten Plätze ein. Es ist deprimierend, erleben zu müssen, dass die täglichen Touristenströme diesen Ort durchfahren, ohne sich mit den fürchterlichen Ereignissen auseinanderzusetzen. – Als ich vor kurzem in das Tal von Westen hereinfuhr, widerfuhr mir ein Erlebnis, das mich nicht mehr loslässt. Plötzlich hörte ich in meinem Kopf Dutzende Stimmen, Frauen und Kinder, die laut um Hilfe schrien. Ich konnte im Moment dieses schreckliche Gefühl nicht einordnen, denn es erklang in meinem Kopf fast wie aus einem Kopfhörer. Fast wie betäubt, fuhr ich weiter; ich konnte nicht anhalten. War es bloss ein Nachhallen der Geschichte, oder war es mehr. Inzwischen bin ich wieder zuhause in der Schweiz, aber die Stimmen sind immer noch da. Was hat jene Nacht nur mit mir angestellt? Ich kann – obwohl ich mir diese Frage immer wieder stelle- diese Frage nicht beantworten. Kann mir jeman helfen?

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