Das Highland Folk Museum zeigt nicht Glanz und Glamour des Lebens in den Highlands. Stattdessen erfährt der Besucher mehr über das Leben der einfachen Leute in den letzten 300 Jahren.
Es ist eine Wanderung durch die Zeit: Auf einer Länge von eineinhalb Kilometern zeigt das Highland Folk Museum mehr als 30 historische Häuser. Auf einem Weg spazieren die Besucher also an den Jahrhunderten vorbei, sehen alte Dorfschulen, Uhrmacher-Werkstätten, Tweed-Weber, Schreiner und natürlich eine Kirche. Am Ende des Weges steht auch noch ein Gebäude mit Ausstellungen alter Gebrauchs- und Alltagsgegenstände.
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Highlight der Ausstellung ist für viele aber das Dorf aus dem 18. Jahrhundert, das aus sechs strohgedeckten Häusern besteht. Zum einen, weil es am weitesten in die Vergangenheit zurück reicht. Zum anderen aber, weil hier zwischen diesen Häusern ein Teil der Serie „Outlander“ gedreht wurde. Die Macher der Serie hielten die alten Hütten für die perfekte Kulisse für den Dreh einer Dorfszene.
Kein Wunder, dass Besucher beim Eingang oft also sofort gefragt werden, ob sie Outlander-Fan sind. Denn viele wollen wirklich nur diesen Teil des Museums sehen, der Weg dorthin führt aber zunächst durch ein Waldstück.
Auch auf dem Weg durch den Wald finden sich schon alte Behausungen – in diesem Fall vom fahrenden Volk.
Oder auch das alte Sägewerk.
Hat man den Weg hinter sich gebracht, eröffnet sich der Blick auf das Dorf „Baile Gean“, zu Deutsch etwa „Dorf guter Laune“, aus dem 18. Jahrhundert. Zuerst kommt man an das Haus des Dorfvorstehers, des Tacksman. Er war dafür zuständig, die Steuer an den Clanchef abzuführen. Darum war sein Haus auch das größte und auch das komfortabelste. Auch wenn Komfort in diesem Fall relativ ist.
Auf dem Bild gut zu sehen: Es gibt keinen Kamin, der Rauch des Feuers zieht durch den Eingang ab oder vaporiert direkt durch das Heide-gedeckte Dach. Das bedeutet aber auch, dass im Inneren der Rauch im ganzen Raum verteilt war. Ein gutes Mittel gegen Mücken und Ungeziefer, aber sicherlich nichts, das wir heute gewohnt sind.
Nicht nur der Kamin fehlt, auch Fenster. Und so ist das Innere des Hauses dunkel und wird nur von einem Feuer in der Mitte erhellt.
„Nach einigen Minuten gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit“ – im Haus steht ein Dorfbewohner in historischer Kleidung und erzählt aus der alten Zeit. Der Rauch reichte einst von den Knien ab aufwärts. Im vorderen Teil war im Winter das Vieh untergebracht, im mittleren die Feuerstelle und der Gemeinschaftswohnraum, im hinteren gab es ein Séparée für Hochzeitsnächte oder das Einsammeln von Steuern.
Den Dorfbewohnern zuzuhören, wie sie über das Leben von Damals erzählen, macht wirklich Spaß. Und man trifft doch einige davon, die sogar für Fotos gerne posieren.
Besonders interessant ist es, wenn der Dachdecker am Arbeiten ist und man sieht, wie er die langen Heidebüschel verarbeitet.
Besucher können alle Häuser, Hütten und Ställe des Dorfes „Baile Gean“ betreten und besichtigen, zwischendurch können sie sich auf einer der Holzbänke mit Blick auf den Dorfteich ausruhen.
Irgendwann lässt man „Baile Gean“ wieder hinter sich und nimmt sich Zeit für die anderen schönen Häuser am Wegesrand. Eine Schreinerei, die bis in die 1930er aktiv war zum Beispiel.
Interessant ist zum Beispiel auch die kleine Uhrmacherhütte.
Im Inneren hat der Besucher das Gefühl, der Uhrmacher sei eben nur einmal gerade zu Mittag fort und habe auf seiner Werkbank all die kleinen Werkzeuge und Materialien einfach liegen lassen.
Dieses und andere Gebäude sind übrigens keine Nachbauten, sondern Originale, die das Highland Folk Museum hierher gebracht und wieder errichtet hat. Der Uhrmacher Alexander „Alick“ McIntyre etwa lebte gute 75 Kilometer von Newtonmore aus in Nairn.
Direkt aus Newtonmore dagegen kommt die Schneiderei.
Im vorderen Teil sind Ladentheke und Regale aufgebaut.
Hinten findet sich die Werkstatt mit dem eindrucksvollen Ofen, an dem die Bügeleisen und Tee gleichzeitig aufgeheizt wurden.
Die Detailverliebtheit, die das Highland Folk Museum an den Tag legt, lässt Besucher schnell die Zeit vergessen und in das Leben der Menschen damals eintauchen. Ob in der Tweed-Weberei oder der Schäferhütte, stets sieht es so aus, als sei der Besitzer gerade mal kurz weg.
In der Schule doziert sogar ein Lehrer vom Pult aus – mit aller Strenge. Und selbst entfernte Gegenden der Highlands haben die Macher des Highland Folk Museum berücksichtigt. Sie sind stolz auf den Nachbau eines Blackhouses der Äußeren Hebriden.
Oder ein typisches Highland Cottage:
Bemerkenswert auch die kleinen Häuschen am Wegesrand: die Räucherhütte, die Eisenbahnhaltestelle oder einfach das typische rote Telefonhäuschen.
Das Highland Folk Museum zeigt die vergangene Zeit und ehe man sich versieht, vergeht auch die Zeit im Museum. Durch die schiere Größe und die Liebe zum Detail bemerken interessierte Besucher gar nicht, wie lange sie sich dort aufhalten. Wer wirklich viel in Ruhe sehen möchte, sollte sich mindestens einen halben Tag für diese exzellente Ausstellung im Herzen der Highlands nehmen. Es lohnt sich!
Wissen: Über das Highland Folk Museum
Die Wurzeln des Museums reichen selbst schon weit zurück in die Vergangenheit. Denn bereits im Jahr 1935 hat Gründerin Dr. Isobel F. Grant auf der Isle of Iona eine erste Sammlung über das Leben in den Highlands zusammengestellt. Sie nannte das auf Gälisch „Am Fasgadh“ – „die Zuflucht“.
Bereits vier Jahre später war die Sammlung zu groß für Iona und sie zog auf das Festland damit. 1944 schließlich kaufte Grant Teile des heutigen Standorts, der seitdem wuchs.
Das Highland Folk Museum gilt als das erste Freiluftmuseum Großbritanniens und gehört heute dem Highland Council, also der Landes-Verwaltung. 2013 wurde ein neues „Am Fasgadh“-Gebäude errichtet, das die ursprüngliche Sammlung aufnimmt.
Tipp: Abkürzung durch den Wald
Es ist schon ein kleiner Spaziergang, bis die Besucher vom Eingang bis zum alten Dorf „Baile Gean“ gelangen. Der Hinweg ist noch recht interessant wegen der vielen schönen Holzschnitzereien am Wegesrand im Wald.
Rückwärts aber kann man den Weg ein bisschen abkürzen. Es geht hinten ein Pfad aus dem Dorf. Allerdings geht dieser Pfad anschließend einen Hang hinunter, den man besser mit stabilen Schuhen überwindet.
Persönliche Bemerkung: Kein Eintritt, wir geben trotzdem
Wie so oft in Schottland sind Museen, die staatlich betrieben werden, kostenlos für Besucher. Oft sind es freiwillige Helfer, die dann das Museum unterstützen und zum Leben erwecken.
Ich finde das fantastisch und bin darum auch nicht knausrig. Denn Spenden nehmen die Betreiber sehr gerne. Und verdient haben sie es allemal. Darum lasse ich immer wieder gerne auch Beträge wie zehn Pfund als Spende da.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „PH20 1AY“ bringt einen bis zum Museum. Großer Parkplatz ist vorhanden.
Ohne Navi: Das Museum liegt zwischen den Orten Newtonmore und Kingussie. Die erreicht man, egal ob man von Inverness oder Edinburgh kommt, über die A9. Sowohl Newtonmore und Kingussie sind als Abfahrten ausgeschildert. Der B9150 folgt man bis in den Ort, wo die Straße zur Main Street wird. Dieser nach Kingussie folgen, bis links das Hinweisschild zum Museum steht und rechts der große Parkplatz erscheint.
Wir fahren im Juni nach Schottland und möchten das Freilichtmuseum besuchen. Wie viel Zeit sollte man hier einrechnen, damit es kein Abgehetze wird und wir entscheiden, wie weit wir an diesem Tag noch reisen werden.
LG Melanie
Wie im Text beschrieben würde ich mindestens einen halben Tag einplanen.
Dank Deines Hinweises bei den Pattack Falls bin ich hier gelandet, denn ich glaubte, hier noch nicht meinen Senf dazu gegeben zu haben. Und so ist es auch. Dafür habe ich hier wohl die Anfrage meiner Tochter bezüglich der Zeitdauer eines Besuches gefunden. Lustig.
Ja, dieses Museum ist sehr empfehlenswert und man sollte sich tatsächlich die Zeit nehmen, sich das auch gründlich anzuschauen. Vor allem der Bereich mit den strohgedeckten Häusern ist sehr eindrucksvoll und braucht Zeit – nicht, weil es so viel zu sehen gibt, sondern, ganz im Gegenteil, weil es eigentlich so wenig zu sehen gibt. Erst sieht man nichts, da es in diesen Häusern mangels Fenstern ziemlich dunkel ist und gerade, wenn draußen die Sonne scheint, dann ist der Unterschied für die Augen sehr extrem. Und wenn man dann was sieht, dann sieht man eigentlich auch nicht viel außer absoluter Kargheit, die nur von dem Allernotwendigsten unterbrochen wird. Aufgrund der Dunkelheit hat man dennoch Schwierigkeiten, sich sicher fortzubewegen.
Wenn man sich dann wirklich Zeit nimmt, vielleicht 15 Minuten oder mehr, dann merkt man, wie anstrengend ein Leben in solch einem Haus gewesen sein muss. Es ist immer klamm und muffig, der Rauch der Feuerstelle beisst mit der Zeit in den Augen, die Dunkelheit bedrückt ziemlich schnell und bedingt durch die Bauweise war man sicher auch mit großen Mengen an Ungeziefer konfrontiert. Und in manchen Gegenden Schottlands, wie auf den Inseln oder in abgelegenen Highland-Ecken, sollen arme Menschen noch Ende des 19. Jahrjunderts in solchen Häusern gelebt haben. Da muten einem auf dem Rückweg die einfachen Holzhäuser im anderen Teil des Museums als wahre Luxusunterkünfte an.
Das ist gut, um sich wieder einmal zu erden und die Frage nach dem Unterbringungsort des 7. Paars Schuhe wird da zum echten Luxusproblem.
Moin
wir haben diese Museum im April/24 besichtigt.
Es ist einfach toll.
Sehr ergreifend war die Geschichte der kleinen Kirche, die ursprünglich auf dem Culloden Battelfield stand.
Im Hintergrund liefen die Klagegesänge der Schotten, die das Massaker überlebt hatten bzw. deren Angehörige.
Ich versuche irgendwo eine CD dieser Musik zu bekommen, bisher vergeblich.
Hat jemand einen Tipp ?
Vielen Dank