Zu Beginn des ersten Jahrtausends waren die Römer in Britannien auch bis nach Schottland vorgedrungen. Dort trafen sie am Mons Graupius auf die Caledonier.
„Plündern, Morden, Rauben nennen sie mit falschem Namen Herrschaft, und wo sie Einöde schaffen, sprechen sie von Frieden.“
Die Kaledonier hatten um 80 n. Chr. mächtig die Schnauze voll von den Römern. Darum erwarteten sie ihre Legionen zur Entscheidung am Berg „Mons Graupius“.
Es folgt die erste entscheidende Schlacht auf dem Boden des heutigen Schottland, von der wir wissen.
Inhaltsverzeichnis
Die Vorgeschichte
Viele Politiker und Feldherren wollten damals Rom dienen, in dem sie das Reich erweiterten.
So tat es zum Beispiel Kaiser Claudius, der 43 n. Chr. begann, Britannien zu erobern.
In mehreren Wellen drangen die Römer damals auf der Insel immer weiter nach Norden und Westen vor.
Dabei gingen sie aber nicht *nur* mit Gewalt vor, sondern knüpften auch geschickte Bündnisse mit einigen keltischen Fürsten. Es war sogar bei einigen Unterworfenen en vogue, sich in den Moden Roms zu zeigen.
Stück für Stück fiel die britische Insel so unter die Herrschaft Roms.
Natürlich gab es aber auch Widerstand. Um 60 n. Chr. erhob sich zum Beispiel die keltische Königin Boudicca gegen Rom. Doch was zunächst erfolgreich begann, endete bald mit ihrem Tod.
Unter den römischen Soldaten, die gegen diese Boudicca ins Feld zogen, verdiente sich auch ein junger Militärtribun seine Sporen.
Sein Name: Gnaeus Iulius Agricola. Und er war bei diesem Feldzug gerade einmal 18 Jahre alt.
Agricolas steiler Aufstieg in der römischen Armee war von da an immer auch mit Britannien verknüpft.
Schon einige Jahre später befehligte er eine eigene Legion, um den Aufstand der Briganten niederzuschlagen.
Schließlich – im Jahr 80 n. Chr. – wurde er sogar zum Statthalter Roms in Britannien ernannt.
Das reichte ihm aber nicht.
Er begann seine Fühler weiter nach Norden auszustrecken, bis weit ins heutige Schottland hinein. Bis zum Mons Graupius.
Dort traf er als Feldherr auf den Gegner unter dem Anführer Calgacus.

Und so viel wir über Agricola wissen, so wenig wissen wir von Calgacus. Er bleibt für uns bis heute ein nahezu völlig unbekannter Kaledonier.
Interessante Kriegstechnik: Der Streitwagen
„Sie kämpfen nicht nur zu Pferd und zu Fuß, sondern auch in Wagen und Karren und sind nach der Art der Gallier bewaffnet. Sie nennen diese Wagen covines, die mit Sensen um die Naben versehen sind.“
Streitwagen waren eine Besonderheit der Kelten im Krieg. Meist hatten die einachsigen Gefährte mit Pferd einen Lenker und einen Krieger als Besatzung. In der Kriegs-Konvention der Kelten waren die Fahrer übrigens tabu.
Streitwagen konnten Krieger schnell an Orte bringen und wieder abholen. Zudem nutzen Kelten sie, um Rückzüge zu decken oder Gegner zu provozieren, indem sie vorfuhren, Speere schleuderten und sich schnell zurückzogen.
Belgae, die Kelten auf dem heutigen Gebiet Belgiens, setzen diese Technik auch ein:
Die Art und Weise, wie sie mit ihren Wagen kämpfen, ist folgende: Zuerst fahren sie in alle Richtungen und werfen ihre Waffen und brechen im Allgemeinen die Reihen des Feindes mit dem Schrecken ihrer Pferde und dem Lärm ihrer Räder auf;
und wenn sie sich zwischen den Truppen von Pferden hindurchgearbeitet haben, springen sie von ihren Wagen und greifen zu Fuß an.
Die Wagenlenker ziehen sich in der Zwischenzeit ein wenig von der Schlacht zurück und stellen sich so zu den Wagen, dass sie, wenn ihre Herren von der Zahl der Feinde überwältigt werden, einen schnellen Rückzug zu ihren eigenen Truppen antreten können.
Auf diese Weise zeigen sie in der Schlacht die Schnelligkeit der Pferde und die Standfestigkeit der Infanterie.
Diese Streitwagen setzte auch Calgacus am Mons Graupius ein.
Das Problem hier aber: Agricola kannte diese Kriegsgeräte schon durch seine lange Karriere in Britannien. Und auch seine germanischen Hilfs-Truppen waren davon nicht mehr beeindruckt.
Die Ausgangslage vor der Schlacht
Die meisten verschätzen sich, wenn sie gefragt werden, wie weit die Römer in Schottland vorgedrungen sind. Sie denken an den Hadrianswall, nahe der heutigen Grenze zwischen England und Schottland.
Andere kennen noch den Antoninuswall oder wissen gar um das Legionslager Inchtuthil nahe Perth an der Grenze zu den Highlands.
Doch die Römer kamen noch viel, viel weiter auf dem Gebiet des heutigen Schottland. Wir wissen heute zum Beispiel von Marschlagern, die ein Stück östlich von Inverness gefunden wurden.
Das zeigt: Agricola war ein Vollprofi. Stückweise drang er vor und errichtete eben dabei diese Kette von Lagern, die den Nachschub zu gewährleisten.
Die Römer vermieden dabei die Grampian Mountains in der Mitte und arbeiteten sich im Osten durch das flache und fruchtbare Gelände voran.
So konnte sie zusätzlich auch eine Flotte unterstützen, die an der Ostküste entlangsegelten.
Agricola ging also absolut methodisch vor.
Der Widerstand der Kelten im heutige Schottland formierte sich dagegen zunächst nur auf lokaler Ebene. Und war jeweils gebrochen.
Nach einiger Zeit dämmerte es den Stämmen aber, dass sie die Römer nur vereint aufhalten könnten.
So versammelten sie sich und bestimmten einen Heerführer: Calgacus. Der führte seine Truppen nun zur Schlacht gegen die Römer.
Er wartete auf Agricola und seine Legion am Berg Mons Graupius.
30.000 Kaledonier hatten sich an dessen Hängen aufgestellt. Eine Übermacht, mit dem Vorteil des hohen Geländes im Rücken.
Agricola war dennoch wenig beeindruckt. Er kannte die britannischen Kelten seit Jahrzehnten. Er wusste, wie sie kämpfen. Und das würde er sogar gegen die Übermacht einsetzen. Denn er hatte nur eine Legion mit Hilfstruppen.
Calgacus hatte dieses Wissen über die Römer dagegen vermutlich nicht oder kaum.
Der Schlacht-Verlauf
Auf den Berghängen des Mons Graupius standen die Kaledonier in langen Reihen. Ihre Streitwagen und Reiter vor ihnen positioniert.
Agricola hatte seine Hilfstruppen am Fuße des Berges in das Zentrum vorne positioniert. Das waren germanische Kämpfer, die vom Gebiet des heutigen Holland stammen. Die Bataver. Erst dahinter stand die eigentliche Legion.
An den Flanken warteten berittene Einheiten der Römer.
Die Kaledonier begannen den Kampf: Sie versuchten die Römer durch ungeordnete Angriffe mit den Streitwagen zu provozieren.
Das ließ die Römer jedoch kalt, diese Taktiken hatten auch den anderen Briten nie geholfen.
Legion und Hilfstruppen waren trainiert auf diese Art von Krieg und waren entsprechend ausgerüstet.
Die römischen Hilfstruppen drangen daraufhin den Berghang hinauf.
Dabei half ihnen die passende Ausrüstung: Denn während die Kaledonier nur kleine Schild und Hiebwaffen hatten, pressten die Römer mit großen Schilden und Kurzschwertern zum Stechen nach vorne.
Die Kaledonier konnten mit ihren Hiebwaffen kaum etwas treffen hinter dem Schildwall.
Erst im steileren Hang stoppte der Vormarsch der römischen Hilfstruppen.
Nun wollten die Kaledonier die Römer mit weiteren Kriegern von den Hängen in die Zange nehmen. Diesen Versuch unterband die römische Kavallerie jedoch.
Und die römische Reiterei konnte danach selbst in die Flanken des Gegners hineinstoßen.
Das war im Prinzip schon die Entscheidung: Die Reihen der Kaledonier brachen, die Krieger zogen sich zurück in die nahen Wälder.
Zwar wollten sie sich dort noch einmal formieren, doch sie waren unterlegen in Disziplin, Ausrüstung, Führung … kurz: in allem.
Und so flohen die Kaledonier in alle Richtungen. Die Schlacht war vorüber.
Das Resultat spricht eine deutliche Sprache:
- 10.000 gefallene Kaledonier
- nur 360 gefallene Hilfstruppen der Römer
- die eigentliche Legion hat nicht mal eingegriffen
Hier muss ich aber eine wichtige Hintergrundinformation einschieben: Wir wissen über diese Schlacht ausschließlich von römischen Chronisten.
Eigentlich war es sogar nur einer: Tacitus. Und der hatte genau eine Quelle, nämlich seinen Schwiegervater.
Und das war Gnaeus Iulius Agricola selbst.
Was die Schlacht verändert hat
Aber warum war Kaledonien von da ab nicht römisch? Warum lagen die Römer bald hinter dem Hadrianswall?
Zwar hatte Agricola gesiegt und Schottland stand seinen Truppen offen. Doch die Verwaltung in Rom hatte andere Pläne.
Kaiser Domitian ließ Truppen verlegen, denn in Pannonien – im heutigen Westungarn – musste die Grenze geschützt werden. Die Gegend dort war wesentlich lohnender für das Reich, als das nasse und kalte Schottland.
So zogen sich die Römer zurück und demolierten ihre Kastelle. Inchtuhill bei Perth ist das bekannteste. Es wurde 86 abgebaut, drei Jahre nach der gewonnenen Schlacht.
Trotz der Niederlage blieben die Kaledonier darum also frei. Die Römer waren siegreich in der Schlacht, hatten aber nichts gewonnen.
Und wo liegt denn nun das Schlachtfeld?
Ihr habt vielleicht bemerkt, dass ich gar nicht gesagt habe, wo genau der Mons Graupius liegt. Denn das ist eine Schlacht, die Historiker heute noch schlagen.
Zum einen sind die Beschreibungen von Tacitus schwer zu deuten. Und dabei half es nicht, dass Historiker sich lange Zeit auf eine schlechte Übersetzung stützten.
Zum anderen wurden nie Reste einer Schlacht aus dieser Zeit und von dieser Größe gefunden.
Es gab schon viele Kandidaten für den Mons Graupius. Doch derzeit gilt der Bennachie als heißester Anwärter. Er liegt rund 30 Kilometer nordwestlich von Aberdeen und passt gut auf die Beschreibung.
So bleibt also von der Schlacht: ein unbekannter Heerführer namens Calgacus, ein unbekanntes Schlachtfeld, eine Quelle, die mit dem anderen Heerführer verwandt war und ein Ausgang, der sowieso nicht lange anhielt.