Die Jedburgh Abbey ist eine von vier großen Klosterkirchen in den schottischen Borders. Und wie die anderen vier ist sie eine Ruine … das hat einen Grund.
Kein Dach, keine Fenster – sie wirkt wie das stolze Gerippe eines einst mächtigen Körpers. Und das war die Jedburgh Abbey tatsächlich: Eine strahlende Klosterkirche. Es war ihr Standort, der ihr immer wieder Probleme einbrachte.
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Denn Jedburgh, der Ort in dem die Kirche steht, liegt keine 20 Kilometer entfernt von der Grenze zu England. Einer stets hart umkämpften, sich ständig bewegenden Grenze zwischen zwei Königreichen.
Achtung: Die Betreiber dieser Sehenswürdigkeit, das Historic Environment Scotland (HES), führt seit 2021 an vielen Sehenswürdigkeiten Untersuchungen oder Baumaßnahmen zum Erhalt der Gebäude durch. Dieses gehört dazu. Darum vorher informieren, ob und was begehbar ist. Mehr Hintergrund hier.
König David I. von Schottland gründete hier im Jahr 1138 das Kloster, das bald zu einer Klosterkirche aufstieg. David gründete etliche Kirchen und Klöster, zum Beispiel auch die St Margaret’s Chapel, die heute als ältestes Gebäude Edinburghs gilt. David entwickelte das damalige Schottland und ließ weitere Abbeys entstehen: in Dryburgh, Kelso und Melrose. Es war auch ein Zeichen der Macht des schottischen Königs in einer Grenzregion, die schon immer umstritten war.
Jedburgh Abbey wurde betrieben von Augustinern – allerdings nicht Mönchen sondern von Regularkanonikern. Der Unterschied? Diese Männer verließen die Klosterkirche und nahmen in der Gemeinde um das Gebäude geistliche Aufgaben wahr.
Doch kaum ein Jahrhundert konnte die Gemeinde am Südrand Schottlands den Frieden genießen. Dann kam sie zwischen einen Jahrhunderte währenden Konflikt. Es begann mit William Wallace. Als der den Engländern bei Stirling eine empfindliche Niederlage beibrachte, folgte die Racheaktion der Verlierer prompt bei Jedburgh. Nur das erste Mal, dass die Kirche verwüstet wurde.
Robert the Bruce und sein Nachfolger bauten die Jedburgh Abbey im 15. Jahrhundert wieder auf, erweiterten sie sogar noch. Die Engländer antworteten im 15. Jahrhundert mit mehrmaliger Zerstörung.
Die Augustiner hielten tapfer aus, doch die Zukunft sah nicht gut aus. Denn es begann die Zeit der Reformation und plötzlich waren auch Schotten gegen diese Klosterkirche. Es durften zwar noch Augustiner hier leben, doch die Kirche wurde von der protestantischen Gemeinde genutzt.
Letzter Höhepunkt: 1547 bauten französische Truppen, die die Schotten gegen die Engländer unterstützten, die Ostseite – also die Seite, die zur Straße liegt – mit Rampen und Kanonstellungen aus. Da war von „Gotteshaus“ schon nicht mehr viel zu spüren. Und im 17. Jahrhundert wurde auch eine neue Kirche auf Sichtweite gebaut. Seitdem vegetiert die Jedburgh Abbey vor sich hin. Heute kümmert sich Historic Scotland um das Gebäude.
Und so kommt die Jedburgh Abbey doch noch zu Ehren. Denn heute ist sie eine Top-Sehenswürdigkeit der schottischen Borders. Und zu sehen gibt es hier mehr als die Kirche. Denn beim Ausgraben um die Abbey hat sich einiges gefunden, was heute im kleinen Museum ausgestellt wird.
Dort erfährt man nicht nur die Geschichte der Abbey, sondern aus der Zeit davor. Alte, wunderschön behauene Steine sind zu sehen, die früher Teil eines Schreins waren.
Und ein Kamm, der berühmte Jedburgh Comb. Vermutlich für Bärte genutzt, ist er um das Jahr 1100 entstanden. Material: Walross-Elfenbein. Reich verziert.
Wissen: Jedburgh Abbey – ein wunderbarer Stilmix
70 Jahre benötigte die erste Bauphase der Jedburgh Abbey. In dieser Zeit änderte sich die Mode der Baukunst – von der Romanik zur Gotik. Und das zeigt die Abbey eben so schön. Runde Bögen und Spitzbögen sind beide vorhanden. Dazu kommen reiche Verzierungen, wie sie an der südlichen Eingangstür zum Hauptschiff zu sehen sind.
Der baugleiche Eingang gegenüber wurde übrigens restauriert und zeigt die Bögen, wie sie einst ausgesehen haben mögen.
Zum Stilmix kommen noch Bauten, die erst nach der Nutzung der Kirche hier entstanden, wie etwas das Grabmal am Ostende der Kirche – schön anzusehen ist es dennoch.
Berühmt ist noch die Lothian Burial Aisle, ein Raum, in dem Gräber der Earls of Lothian zu sehen sind.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „TD8 6JQ“ ins Navigationsgerät eingeben, das bringt einen nach Jedburgh.
Ohne Navi: Von Edinburgh aus nimmt der Fahrende die A68 nach Jedburgh.
Parken: An der A68 in Jedburgh kommt nach dem Hinweisschild zum Town-Center ein kleines Schild „Abbey“. Hier rechts abbiegen und direkt auf den großen Parkplatz am Fluss fahren. Zum Museum und dem Eingang sind es weniger als 100 Meter über den Fluss.