Am Ende der Princes Street in Edinburgh hat die Whisky-Marke Johnny Walker ein ganzes Haus belegt. Was einen bei einem Besuch dort erwartet, steht hier.
„Keep Walking“, sagt Johnny Walker. Und das beschreibt dann auch die Tour ganz gut, die hier im Johnny Walker Princes Street in Edinburgh angeboten wird. Teilnehmer treten zunächst ein in den Shop und dürfen dann in einer Lobby auf den Start der Führung warten. Die Zeit vertreibt ein Quiz, das die Geschmacksvorlieben herausfindet und einer Farbe zuordnet, die der Besucher dann als Armband erhält.
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Aber vielleicht zunächst etwas Hintergrund: Johnny Walker ist eine Whisky-Marke für blended Whiskys, die seit über 200 Jahren besteht. Blended Whiskys sind Mixturen aus verschiedenen anderen Sorten, die ein Masterblender zu einem eigenen Geschmack vermischt.
Das Problem: Viele Whisky-Genießer stehen auf Single Malts, also Whiskys aus einer Brennerei und oft sogar aus einem speziellen Fass. Und sie sind oft Puristen: Kein Eis, kein anderes Getränk – höchstens ein paar vorsichtige Tropfen Wasser dürfen den Whisky öffnen.
Johnny Walker und diese Genießer-Kultur gehen also ein Wenig aneinander vorbei. Und genau da versucht die Tour in der Princes Street anzusetzen: Bei Glauben und Verhalten. Gleich im ersten Raum macht eine bunte und interaktive Präsentation klar: Johnny Walker ist überall. Johnny Walker ist modern. Und Johnny Walker will die Grundsätze in Frage stellen. Eis ist erlaubt, Mixen ist erlaubt, alles ist erlaubt.
Um das klar zu sagen: All das ist unterhaltsam. Alles ist auf hohem technischen und auch erzählerischem Niveau. Die Räume sind clean, modern und mit bunten LEDs ausgeleuchtet. Was für ein Konzept, was für eine Planung. Aber nicht zu lange verharren! Keep walking! Sieh Dir die Geschichte von Johnny Walker an …
Und die Erzählung der Historie versetzt die Besucher erneut in Staunen. Denn die Erzählerin empfängt einen wie die Märchentante in einem gemütlichen Sessel sitzend. Mit der Zeit aber beginnt sie sich zu bewegen. Und nicht nur sie: Die ganze Bühne! Einzelteile der Kulisse fliegen hinein und hinaus, Laufbänder im Boden lassen die Erzählerin mal auf der Stelle marschieren, mal befördern sie sie blitzschnell auch die andere Seite der Bühne, während sie die ein Ereignis nach dem anderen durchgeht. „Keep walking“ gilt auch für sie. Aber sie muss dabei genau im Timing bleiben. Eine Meisterleistung!
Aber nun genug Geschichte. Keep walking, nächster Raum. Jetzt endlich etwas zu trinken. Und wie soll es anders sein: Cocktails. Jeder bedient sich selbst, indem er ein Glas mit einem Boden in der Farbe seines Bändchens nimmt. Daran erkennt der Zapfhahn, welches Gemisch er aus gibt. Garnieren dann am Platz.
But, keep walking. Nächster Raum – wieder LED-Show. Diesmal geht es um die Entstehung von Whisky, und unsere Führerin steht mitten im Raum. An der Decke über ihr eine bepflanzte Schottland Karte, um sie herum vier Pulte mit Geschmacksbeispielen aus jeder Whisky-Region, an der Wand Leuchtstoffröhren, die während der Erklärung aufleuchten. Gut gemacht, schön erklärt, unterstützt durch Geruchsproben aus Seifenblasen.
Auch hier muss gesagt werden: höchstes technisches Niveau, klare Erzählung, tolle Ideen zur Darstellung.
Keep walking. Nächster Raum. Die Johnny Walker Abfüllungen erklärt. Wieder mit toller Lichtshow. Danach geht es weiter in den letzten Raum: eine Bar, in der nochmal zwei Getränke serviert werden. Entweder zwei Cocktails oder Johnny Walker pur.
Keep walking. Diesmal raus, die Tour ist vorbei. Im Laden können sich die Besucher noch eindecken mit Whisky und mehr.
Übrigens: Das war natürlich nur die eine Tour. Im Johnny Walker Princes Street gibt es noch viele andere Attraktionen. Verschiedene Tastings, historische Führungen ins Archiv, eine Rooftop Bar und und und. Single Malt Fans kommen auch nicht zu kurz. Die Tour „Whisky Makers‘ Cellar“ führt in den Keller des Hauses, wo tatsächlich ein Warehouse zu finden ist. Hier gibt es den Whisky direkt aus dem Fass und zusätzlich wird ein eigener Blend für die Tour-Teilnehmer gemischt.
Fazit: Johnny Walker Princes Street – lohnt es sich?
Die Tour im Johnny Walker Princes Street ist eine grellbunte Werbe-Präsentation auf modernstem technischen Niveau. Der Eintritt ist nicht günstig, durch drei Cocktails aber sein Geld wert. Was hinter all der ausgefeilten Technik vielleicht etwas zu kurz kommt, ist etwas, das das Herz anrührt. Single-Malt-Fans werden hier sicher weniger Spaß haben als Cocktail-Liebhaber.
Wissen: Das Gebäude von Johnny Walker Princes Street
Es ist ein Glücksfall, dass Getränkegigant Diageo eine neue Bleibe für seine Johnny-Walker-Repräsentanz gesucht hat. Denn das klobige Haus am Ende der Princes Street hat einen unverkennbaren Baustil aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. 1935 hat der Architekt John Ross McKay die Fassade in einem Stil errichtet, der noch an das Art Deco erinnert. Das große B oben weist auf den ehemaligen Besitzer hin, die Kaufhauskette „H. Binns, Son & Co“. Sie wurde später von „House of Fraser“ aufgekauft.
Als das Kaufhaus House of Fraser im Juni 2018 in finanzielle Not geriet, trennte es sich von 31 von 54 Filialen – und das Gebäude Ecke Hope Street und Princes Street gehörte dazu.
Das Schicksal des Kaufhauses war lange unklar, bis sich eben Diageo dafür interessierte und die Johnny Walker Experience darin etablieren wollte. Mit Erfolg.
Fast noch wichtiger als das Gebäude selbst: Die „Binns‘ Clock“ an der Haus-Ecke war und ist ein beliebter Treffpunkt der Bewohner Edinburghs.
Die Uhr hat neben einem Geläut auch ein Männleinlaufen. Jeweils sieben Minuten nach der vollen und der halben Stunde laufen sie.
Anfahrt:
Die Princes Street liegt mitten in Edinburgh. Das Johnny Walker Princes Street ist an deren Westende zu finden, gegenüber der St John’s Kathedrale. Es ist nicht ratsam dort mit dem Auto hinzufahren. Die Straßenbahn und auch fast alle Busse halten dort. Von der Royal Mail aus ist es bequem zu Fuß zu erreichen.