Das eine bäumt sich wild auf, das andere blickt entschlossen nach vorne. Die Kelpies bei Falkirk sind zwei stählerne Pferdegiganten, die eine Geschichte erzählen.
Dass Schottland eben nicht nur etwas mit verfallenen Burgen zu tun hat oder mit wilden Landschaften, das ist die eine Geschichte, die die Kelpies vermitteln sollen. Und das tun sie eindrucksvoll. Sie verschmelzen organische Kunst mit kantiger Stahlindustrie, kalten Glanz mit weichen Konturen, Feinsinn mit Gigantismus. Denn immerhin wurden hier Statuen geschaffen, die sich 30 Meter in die Höhe recken – und das sturmsicher! Dazu musste neben künstlerischer Planung auch jede Menge Bau-Know-how einfließen.
Schottland Wandkalender 2025 in A3
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Kelpies, das sind eigentlich Wassergeister (und nicht unbedingt freundliche). Logischerweise sollte hier also irgendwo auch Wasser sein. Und tatsächlich: Die beiden Pferdeköpfe werden durch einen schmalen Kanal voneinander getrennt – diese Wasserstraße ist der Grund, warum sie überhaupt hier stehen. Sie ist ein Arm des Forth and Clyde-Kanals, der quer durch Schottland den Atlantik im Westen mit der Nordsee im Osten verbindet.
Hier, kurz bevor er den Firth of Forth erreicht, hatte der Kanal früher ein Problem: Das letzte Teilstück im River Carron war nur schwer befahrbar. Brücken und Untiefen machten es für Bootsführer unattraktiv. Um das zu ändern, wurde bis 2012 ein neues Teilstück abgezweigt, das insgesamt vier Brücken und die Untiefen umgeht. Dieses Stück beginnt hier bei den Kelpies, sie sind also quasi das Tor in den Osten. Dank einer Schleuse, die meist geschlossen ist, kann der Besucher hier dennoch über den Kanal wechseln.
Und das ist eben die andere Geschichte, die die Kelpies vermitteln sollen. Die der starken Arbeitspferde, die einst auch Lastkähne den Kanal entlang gezogen haben und die ganze Region so am Leben gehalten haben. Die Tiere waren sozusagen die Pferdestärken der industriellen Revolution. Und so sind die Kelpies also eigentlich gar keine mythischen Wassergeister, sondern den Köpfen unermüdlicher Arbeitstiere nachempfunden.
Sie haben sogar Namen: Duke, der mit dem Kopf nach unten, und Baron, der sich mit offenem Mund aufbäumt. Die Namen wurden von den beiden Tieren übernommen, die dem Künstler einst Modell standen. Beiden Gefährte hatten ihren Stall einst im Pollock Country Park bei Glasgow, leben aber leider schon seit Jahren nicht mehr.
Dennoch spielt Wasser hier die wichtige Rolle. Um die Kelpies herum liegen Ringbecken und direkt vor ihnen befindet sich ein größeres Bassin. All diese Wasseroberflächen spiegeln die Pferdeköpfe wider, und nachts, wenn die vielfarbige Beleuchtung angeschaltet ist, verstärken und reflektieren sie das Licht.
Die Schotten sind derart begeistert von den beiden Statuen, dass sie zusammen mit dem Falkirk Wheel die neuen 50 Pfund-Noten der Bank of Scotland schmücken.
Die Kelpies bei Falkirk sind zwei wunderschöne Statuen von enormer Größe, deren Besuch gerade an einem schönen Tag lohnt.
Wissen: Zahlen und Fakten über die Kelpies
Der Künstler, der die beiden Pferdeköpfe entworfen hat, heißt Andy Scott und kommt aus Glasgow. Seine Stahl-Skulpturen finden sich dabei nicht nur hier in Falkirk, sondern verteilen sich über ganz Schottland. Doch die Kelpies dürften sein größtes und mittlerweile bekanntestes Werk sein.
Ein paar Zahlen zum Staunen: Jedes der beiden Pferde wiegt 300 Tonnen, dabei wurden insgesamt 990 Stahlplatten verbaut. Damit die Kelpies fest am Platz stehen, wurden darunter jeweils (!) 1.200 Tonnen Stahlbeton als Fundament in den Boden eingelassen. Die Kelpies wurden in nur 90 Tagen gebaut, und über diese Bauphase gibt es sogar ein sehr schönes Video:
Die Kelpies sind das Prunkstück einer ganzen Anlage, die als Naherholungsgebiet zwischen Falkirk und Grangemouth angelegt wurde. „The Helix“ hat man das Gelände hier getauft, es bietet Platz für Veranstaltungen und es verlaufen insgesamt 27 Kilometer an Rad- und Gehwegen durch die Landschaft.
Man kann auch Touren buchen, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern während der man auch in die Statuen hineingehen kann, um die Konstruktion von innen zu bewundern. Sie sind aber wohl sehr begehrt, darum sollte man rechtzeitig auf der Seite buchen.
Direkt bei den Kelpies serviert ein großes Café Essen und Trinken, außerdem ist ein Geschenke-Laden darin. Davor stehen die Kelpies noch einmal in einer kleinen Version.
Wie schon erwähnt, Kelpies sind eigentlich unfreundliche Wassergeister. Und einen negativen Effekt haben die Beiden tatsächlich: Auf der Autobahn M9 stieg seit ihrer Eröffnung das Unfallrisiko. Viele Fahrer sind dort plötzlich langsamer gefahren oder haben gar an der Seite gestoppt, um die Statuen zu betrachten. Beides ist extrem gefährlich! Darum wurde jetzt eine Lärm- und Sichtschutzmauer an der Straße aufgebaut, die nicht nur die Sicht von der Straße verhindert, sondern auch gleichzeitig den Besuch bei den Kelpies etwas ruhiger macht.
Tipp: Bei Fotos auf die Strommasten achten
Ganz ehrlich: So schön die beiden Kelpies sind, so unromantisch ist die Umgebung, in der sie sich befinden. Auf einer Seite die große Straße, auf der anderen Seite eine Stromtrasse, deren Masten ständig zu sehen sind. Vor ihnen das Besucherzentrum. Und immer ist beim Fotografieren etwas im Weg.
Es gibt immerhin einen Winkel, wo fast alle Strommasten hinter den Köpfen verschwinden und nur die Drähte noch ein wenig zu sehen sind.
Übrigens machen sich viele einen Spaß daraus, die Kelpies zu „füttern“. Auch ich habe das Foto gestellt:
Persönliche Anmerkung: Kelpies bei Nacht
Ich habe monatelang darauf gewartet, endlich zu den Kelpies fahren zu dürfen, denn ich habe ihre Bilder schon so lange im Netz bewundert. Nun hat es also geklappt und bei Sonnenuntergang sehen die Tiere auch sehr gut aus. Allerdings werden sie Nachts noch einmal ganz anders beleuchtet.
Als ich 2015 erneut nach Schottland gefahren bin, habe ich extra gewartet, bis die Sonne untergegangen war. Natürlich braucht es für gute Fotos dann auch ein Stativ, da die Aufnahmen nur mit Langzeitbelichtung gut gelingen. Heraus kamen, wie ich finde, ganz wunderbare Fotos der Kelpies, das Schauspiel mit den wechselnden Farben ist sehr gelungen.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „FK2 9EE“ eingeben und dann die Anweisungen unten beachten.
Ohne Navi: Von Edinburgh aus auf der M9 Richtung Stirling fahren und bei der Ausfahrt fünf nach Falkirk/Grangemouth abfahren. Im Kreisverkehr die erste Ausfahrt nach Falkirk nehmen (also quasi geradeaus). Es folgen drei weitere Kreisverkehre, die auch sozusagen geradeaus genommen werden, ehe der fünfte (Etna Road Roundabout) schließlich ein Schild zum Helix Car Park zeigt.
Von Glasgow aus die M80 nach Stirling nehmen und bei Abfahrt acht herunterfahren auf die M876 und schließlich auf die M9. Dort bei Ausfahrt sechs, Falkirk/Grangemouth die Straße verlassen und im Kreisverkehr rechts Richtung A8. Nächster Kreisverkehr rechts und der nächste ist schon bei der Helix, hier den Schildern folgen.
Aus dem Norden kommend, sollte man immer die M9 suchen und dann wie oben beschrieben.
Parken: Nicht gleich den ersten Parkplatz nehmen. Es gibt ganz hinten einen, von dem aus Ihr nur wenige Minuten bis zu den Kelpies am Kanal entlang gehen müsst.