Diebe auf dem Friedhof, ein mysteriöser Todesfall in London und das Gerede von einem Fluch. Das Kildonan Museum zeigt den Clanranald Stein, dessen gruselige Geschichte und viele Artefakte aus dem früheren Leben auf South Uist.
Frühjahr 1990, South Uist – Etwas fehlte hier … Pfarrer Angus MacQueen konnte noch nicht genau sagen was es war, doch etwas war nicht an seinem Platz. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Der Wappenstein des Clanranald – er war fort!
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
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Jahrzehnte lang hatte der Clanranald Armorial Stone auf dem verwitterten Friedhof neben den Überresten der alten Kapelle von Howmore gelegen. Er zeugte vom Stolz und den Glanzzeiten der Herrscher über South Uist und Benbecula. Niemand auf der Insel wäre auch nur auf die Idee gekommen, ihn von diesem heiligen Ort zu entfernen. Doch nun waren tiefe Schleifspuren im torfigen Untergrund zu sehen. Über Nacht hatte jemand das 160-Kilo-Ungetüm fortgebracht. Niemand wusste wer oder warum.
Die Polizei? Machtlos! Denn offiziell gehörte der Stein niemandem, er war auf öffentlichem Weidegrund gelegen. Kein Besitzer, kein Fall, keine Nachforschung. South Uist hatte ein Stück Geschichte verloren.
Nur höhere Mächte könnten jetzt noch helfen …
Fünf Jahre später, London – Ein kanadisches Ehepaar hatte seinen Sohn verloren und war von Übersee angereist, um die Wohnung des Verstorbenen in London auszuräumen. Da fanden sie einen großen und schweren Sandstein mit seltsamen Verzierungen: eine Hand, die ein Kreuz hält, ein Löwe, ein Segelschiff und eine Burg mit drei Zinnen. Daneben lagen einige Fotos, die zeigten wie der Stein durch ihren Sohn von einem Friedhof entfernt wurde, zusammen mit einer anderen Person.
Die Wohnung des Toten lag nur einige hundert Meter weit weg vom British Museum. Und so meldeten sie dort den seltsamen Fund. Die Museums-Mitarbeiter identifizierten die Zeichen schnell dem gälischen Raum zugehörig und man wandte sich an das Schottische Nationalmuseum. Und so dauerte es nicht lang, bis man darin den gestohlenen Clanranald Stein erkannte.
Den Rest besorgte die Presse: Die Todesursache des Diebes war ungeklärt und bald rauschte das Wort vom „Fluch des Clanranald Steines“ durch den Blätterwald. So wurde aus dem Stiftstein plötzlich ein Grabstein, und einige Menschen konnten sich urplötzlich an Geistererscheinungen in Kilts auf dem Friedhof erinnern – allerdings wären sie aus der falschen Zeit, denn der Stein stammt aus dem 16. Jahrhundert, einer Zeit, als dieses schottische Kleidungsstück noch unbekannt war. Auch auf die Spur des Komplizen auf dem Foto setzten sich die Zeitungen. Man verfolgte sie bis nach Deutschland, wo der Mann mittlerweile arbeitete. Natürlich hatte er keine Lust unter den Umständen wieder zurückzukehren.
Der Stein wurde schließlich von Historic Scotland gesäubert und zurück nach South Uist zurückgebracht. Die Woche nach seiner Ankunft war bis dato das schönste und wärmste Wetter, an das man sich dort erinnern konnte. Man sagt, die Sonne habe so sehr über der Insel geschienen, dass die Sonnencremes überall ausverkauft waren.
Seltsam? Doch so steht es geschrieben …
Heute – Der Clanranald Armorial Stone kehrte nicht mehr auf den Friedhof von Howmore zurück, man suchte einen sicheren Ort für ihn aus. So empfängt das Prachtstück heute die Besucher des Kildonan Museum im Eingangsbereich. An dieser Stelle garantiert Fluch-frei.
Wissen: Das Kildonan Museum
Natürlich ist der Clanranald Stein nicht das einzige Stück im Kildonan Museum. Die Räume führen den Besucher mit vielen Ausstellungsstücken durch die jüngere Geschichte South Uists. So erfährt man, wie das Innere der Blackhouses sich mit der Zeit gewandelt hat und welche Utensilien die Fischer und Handwerker hier genutzt hatten. Auch Waffen aus den Weltkriegen, Fotos von Früher und Werke heimischer Künstler stehen in den Räumen.
Bei dem Gebäude handelt es sich um eine ehemalige Schule. In den Räumen sind außerdem noch ein Archiv, ein Café und ein kleiner Shop untergebracht, der allerlei Kunsthandwerk verkauft.
An der Einfahrt des Museums findet man zudem noch ein altes Piktengrab, das hierher transferiert wurde. Die Infotafel ist allerdings interessanter als das Grab selbst.
Persönliche Anmerkung: Kein Platz für Romantik – und das ist gut so
Was uns beim Besuch wirklich gut gefallen hat, ist, dass das Museum die Vergangenheit keinesfalls verklärt. An einer Stelle wird das sogar klar in Worte gefasst: Das Leben damals war hart und heute ist es deutlich besser. Diese Ehrlichkeit hat mir gut gefallen.
Die Infos zur Geschichte des Clanranald Steins stammen übrigens aus der Ausgabe 152/1997 des Current Archaeology Magazins, deren Mitarbeiterin ich ausdrücklich für die schnelle und unkomplizierte Hilfe danken möchte.
Tipp: Fotografieren verboten
Das Fotografieren im Museum ist verboten. Doch wenn man höflich nachfragt, darf man meist den Stein aufnehmen. Zumindest hat das bei mir geklappt.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „HS8 5RZ“ bringt einen in die Nähe – allerdings nicht die Hauptstraße verlassen und dann nach der Beschilderung für das Museum suchen.
Ohne Navi: Das Museum liegt direkt an der A865, der Hauptstraße von Norden nach Süden über South Uist. Kommt man von Norden, erscheint an der Straße ein Hinweisschild nach „Cill Donnain“, das einen rechts schicken will. Hier aber nicht abbiegen, sondern einige Meter weiter auf der Hauptstraße fahren und dann links beim großen grauen Gebäude auf den Hof fahren und parken. Das ist das Museum. Kommt man von Süden, liegt das Museum rechter Hand kurz nachdem man das Hinweisschild zu Flora MacDonalds Geburtsort passiert hat.