Sliabh nan Carraigean, Moor der Steine, heißt die Gegend um Machrie auf der Isle of Arran. Kein Wunder: Hier finden sich elf Steinkreise. Doch wohin sind deren Erbauer verschwunden?
Vom Parkplatz aus sind es nur etwa zwei Kilometer bis in die Steinzeit, zwei Kilometer auf einem guten Feldweg, der ins Moor der stehenden Steine führt. Keine Angst: Kein Mensch versinkt hier gleich im Boden. Wohl aber ist hier eine einst blühende Kultur untergangen.
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Machrie Moor bildet eine Ebene im Westen der Isle of Arran am Ausläufer des Glen Machrie. Steht der Besucher bei den Steinen, blickt er in das wunderbare Tal hinein. Diesen Blick haben wohl auch die Menschen der Jungsteinzeit genossen, doch viel wichtiger wird ihnen gewesen sein, dass sie in der Ebene fruchtbares Land für Ackerbau vorfanden. Sie bauten hier Häuser und errichteten schließlich die heute noch sichtbaren Kultstätten.
Ganze elf Steinkreise haben Archäologen im Machrie Moor bisher freigelegt. Viele nur sehr klein, einige aber beeindruckend groß. Manche aus grauem Granit, andere aus rotem Sandstein.
Schon auf dem Weg zu den Steinkreisen finden sich Überreste der Bewohner von über 4.000 Jahren. Was hier aber aussieht wie ein Steinkreis, ist in Wahrheit aber ein sogenannter Cairn, der früher mit vielen kleinen Steinen bedeckt war.
In diesem riesen Grab war nur eine Person begraben. Das zeichnet nach, was vor rund 4.500 Jahren passierte: Statt einem Gemeinschaftsgrab für alle Mitglieder, kamen nun plötzlich Einzelbestattungen für hochgestellte Persönlichkeiten in Mode. So schön das Cairn einmal war, Menschen ließen es nahezu verschwinden, als sie die Steine für Mauern und anderes wegnahmen.
Vom Cairn aus ist es immer noch ein Stück zu den großen Steinkreisen von Machrie Moor zu gehen. Immerhin zeigen sich bald schon erste echte Steinkreise, wie hier der Fingals Cauldron.
Die Straße endet schließlich bei ihrem Namensgeber, der Moss Farm. Sie ist verlassen und verfallen, die Natur holt sich die Gebäude geduldig zurück.
Dahinter betritt der Besucher endlich das weite Land der Steinkreise. Ein einzelner Monolith links fällt dabei sofort ins Auge. Es ist der Rest von Steinkreis Nummer 3, von dem nur dieser rote Sandsteinriese noch aufragt. Einst standen einmal neun seiner Sorte. Von Struktur, Größe und Farbe ist er einer der schönsten im Machrie Moor und harmoniert wunderbar mit den Gipfeln dahinter.
4,3 Meter ist er hoch – als Mensch kommt man sich daneben demütig klein vor. Weiter rechts davon stehen drei rote Riesen beieinander.
Auch davon gab es einst acht oder neun Steine in einem Kreis von über 13 Metern Durchmesser angeordnet. Wunderschön, wie hier der blässlich grüne Moos-Bewuchs mit dem roten Sandstein ein farbliches Duett bildet.
Nun gibt es Menschen, die sich hier verewigen wollten, die in den weichen Sandstein ihre Initialen geschnitzt haben. Ich würde das vor Ehrfurcht nicht über das Herz bringen. Doch sind Menschen eben oft pragmatisch. So ist das Ritzen von Initialen nicht das Schlimmste, was den Steinen im Machrie Moor angetan wurde. Denn wenige Schritte weiter liegen zwei kreisrunde Steine am Boden:
Es sind zwei Mühlsteine, gut zu erkennen an dem Loch in der Mitte des oberen. Diese Mühlsteine wurden vermutlich im 18. Jahrhundert aus einem Monolithen herausgehauen, dann aber nicht benutzt. Heute sind sie auch ein Teil der Geschichte, die immer wieder auf eines hindeuten: Der Mensch hatte und hat es schwer im Machrie Moor. Denn nicht nur die Farm hier wurde verlassen. Etwa um 750 vor Christus veränderte sich das Klima auf Arran dramatisch. Der Raubbau an den Wäldern nahm den Bewohnern den nötigen Schutz, den sie nun gebraucht hätten. Über die nächsten Jahrhunderte flohen die Menschen von der Insel aufs Festland.
Und so wurde Ende der Bronzezeit aus der einst fruchtbaren Ebene eine Moorlandschaft. Felder bewirtschaften war nun nicht mehr möglich. Darum verließen die früheren Bewohner auch diese Gegend und ließen nur die Kultstätten zurück, die über die Jahre von Torf überwuchert wurden – ehe sie in unserer Zeit wieder ausgegraben wurden und wir sie heute bestaunen können.
Wissen: Geister und Wissenschaft im Machrie Moor?
Auf Gälisch heißt der Ort Sliabh nan Carraigean und die naheliegende heutige Übersetzung davon wäre „Moor der Steine“. Schriftsteller Thorbjörn Campbell, der das Standardwerk über Arrans Geschichte verfasst hat, bietet aber eine weitere Möglichkeit an. Demnach könnte es mit dem bretonischen Wort Korrigan verwandt sein und auf heidnische Spukwesen hinweisen – kurz eine Art Naturgeist. Passt zur Stimmung dort …
Abseits der Geister werden die Steinkreise aber sicher noch einen anderen Sinn gehabt haben. Ähnlich wie bei Callanish auf den Äußeren Hebriden oder dem Ring of Brodgar auf Orkney scheinen Sonne und Mond dabei eine Rolle gespielt zu haben. Eine These: Im Hintergrund bildet das Tal eine Art Kerbe in der Landschaft. Bei der Sommersonnenwende wird diese Kerbe bei Aufgang von der Sonne durchwandert. Die Steinkreise scheinen mit dieser Tatsache zusammenzuhängen.
Im Übrigen waren die Steine nur die zweite Phase. Wissenschaftler haben während der Ausgrabungen in den 1980ern Überreste von Kreisen aus Holzbalken gefunden, die hier schon Jahrhunderte vorher benutzt worden waren.
Ob es sich tatsächlich bei den Standing Stones von Machrie Moor um eine Art Sternwarte handelt oder ob noch andere Ideen in die Steinkreise hineinspielen, darüber kann man fast nur Vermutungen anstellen. Historiker Thorbjörn Campbell bietet zum Beispiel noch die Idee von steinernen Mandalas als Alternative an.
Tipp: Weg ins Machrie Moor und die Infotafeln
Die Moss Farm Road startet von einem Parkplatz an der Straße im Westen Arrans. Es sind zirka zwei Kilometer zu Fuß zu gehen, der Weg ist dabei gut sichtbar und ausgebaut, kann aber bei schlechtem Wetter dennoch tiefe Pfützen aufweisen. Also ist gutes Schuhwerk durchaus sinnvoll. Insgesamt solltet Ihr Euch beim Besuch schon eineinhalb bis zwei Stunden Zeit nehmen.
Obwohl das Gebiet recht entlegen wirkt, ist es gut beschildert und erklärt. So wird dem Besucher auch die Anordnung der Kreise als Sicht von oben vermittelt:
Übrigens: Die Arran Distillery füllt auch einen Whisky ab, den Sie Machrie Moor nennt. Seine Auflage ist limitiert und Kenner bezeichnen ihn als ungewöhnlich rauchig.
Persönliche Anmerkung: Alle Wetter!
Wie Ihr vielleicht schon anhand der Fotos bemerkt habt, waren wir an zwei unterschiedlichen Tagen bei den Steinen – einmal bei trübem Wetter, einmal bei Sonnenschein und blauem Himmel. Beide Male haben sich gelohnt und offenbaren eine eigene Atmosphäre. Eher gruselig bei verhangenem Himmel, zum Genießen im hellen Licht.
Meine Frau hat mich diesmal beim Fotografieren fotografiert. Und man kann daran gut erkennen, wie groß die Steine wirklich sind:
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „KA27 8DX“ eingeben, das bringt einen in die Gegend von Tormore im Westen Arrans.
Ohne Navi: Von Lochranza aus fährt man die Küstenstraße Richtung Blackwaterfoot. Nach einigen Kilometern geht eine Straße links weg nach Brodick. Wenn man diese passiert, befindet man sich bereits bei Machrie. Die Straße führt bald über eine kleine Steinbrücke, die den „Machrie Water“ überquert. Dann vorsichtig bleiben, denn die Einfahrt kommt recht unvermittelt auf der linken Seite. Sie führt zu einem mittelgroßen Parkplatz.
Von Brodick aus fährt man Richtung Blackwaterfoot über den sogenannten „String“ quer durch die Insel. Danach weiter wie unten.
Von Blackwaterfoot aus folgt man der Straße nordwärts nach Lochranza. Zunächst liegen links und rechts der Straße noch viele Häuser in Torbeg, doch bald wird es einsam und man kann rechts die weite Ebene des Moores mit den Bergen dahinter sehen. Schließlich kommen wieder vereinzelt Häuser, darunter links eine große Farm mit modernen Wirtschaftsgebäuden. Nun ist es nicht mehr weit, bis rechts die Einfahrt zum Parkplatz kommt.