Zum 150. Geburtstag des berühmten Architekten Charles Rennie Mackintosh machte Glasgow eines seiner schönsten Häuser wieder zugänglich. Das Teehaus Mackintosh at the Willow.
Die Fassade passt so gar nicht zwischen die Neubauten und die alten viktorianischen Häuser der Sauchiehall Street: weiche, moderne Schwünge mit kantigen Geraden, ein großes Frontfenster, das sich nach außen wölbt und symmetrische kleine Verzierungen, die sich an den Seiten entlang ziehen. Es ist das Teehaus „Mackintosh by the Willow“, das komplett von Glasgows Stararchitekten Charles Rennie Mackintosh entworfen wurde.
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Dass es heute hier steht, ist ein kleines Wunder. Dann bis vor kurzem war es schlicht kaputt. Wechselnde Besitzer haben das Gebäude innen und außen verkommen lassen, haben Umbauten vorgenommen und Mobiliar entfernt. So haben sie das Kunstwerk fast zerstört.
Doch rechtzeitig zum 150. Geburtstag von Charles Rennie Mackintosh erstrahlte es wieder in altem Glanz. Und heute ist er zugänglich für Besucher und Teetrinker. Und die erwartet ein Palast der Kunst.
Im Erdgeschoss können Gäste Tee, Kaffee und Kuchen zu sich nehmen. Doch der schönste Raum liegt darüber und ist nur im Rahmen einer Tour oder einer Reservierung zum Essen zu erleben: der Salon Deluxe. Schon seine Glas-Kronleuchter sind beeindruckend.
An der Wand befindet sich zudem eines der berühmten Fresken von Margaret MacDonald.
Und dann ist da noch … die Tür! Sie hat sich zwar als Original erhalten, doch sollte sie nicht im täglichen Gebrauch abgenutzt werden. Darum wurde die ursprüngliche Tür restauriert und steht nun in der Ausstellung im Visitor Centre nebenan – ihr Wert liegt bei 1,5 Million Pfund. Die exakte Replik kostete weitere stolze 160.000 Pfund und reicht völlig, um Besucher in Staunen zu versetzen.
Irgendwann bewundert man nicht nur die ursprünglichen Künstler – das Ehepaar Mackintosh – sondern auch die Handwerker, die die Restaurantionen durchgeführt haben. Sie zeigten Leidenschaft zum Detail. Das Wort „Leiden“ ist hier wohl gewählt. Ein Beispiel anhand der Glas-Elemente der Kronleuchters:
Eine Glasbläserin lieferte die Ersatzstücke ab und bekam sie postwendend wieder zurückgeschickt. Der Grund: Es fehlten Blasen, die im Glas eingeschlossen waren. Solche Blasen sind normalerweise etwas, das Glasbläser auf Teufel komm raus vermeiden wollen. Doch im Original von Mackintosh waren sie nun mal enthalten. So musste die Glasbläserin alle Elemente erneut herstellen – mit Lufteinschlüssen. Immerhin steckt nun etwas von ihrem Atem im Mackintosh at the Willow.
Diese Detailversessenheit bei der Wiederherstellung des Mackintosh at the Willow macht den Besuch des Gebäudes in Glasgow zu einem großartigen Erlebnis. Am besten im Rahmen einer Tour, denn so sieht der Besuchende alle Räume.
Wissen: Mackintosh at the Willow – Wiederaufbau und neuer Name
Das Gebäude ist einer der berühmten Tearooms, die Mrs Cranston zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Glasgow etabliert hatte. Als Treffpunkte für die Gesellschaft ohne Alkohol. Die Gestaltung übertrug sie Charles Rennie Mackintosh, der in diesem Fall sowohl das Interieur als auch die Fassade entwerfen durfte. Insofern war dieser Tearoom besonders.
Doch der Zustand des Gebäudes ließ zu wünschen übrig. So bildete sich der Willow Tea Rooms Trust und renovierte es in den Jahren 2014 bis 2018. Alles sollte so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt werden. Heißt: Was an Interieur und Exterieur überlebt hat, bleibt. Immerhin rund 80 Prozent. Doch vieles davon war zumindest beeinträchtigt. Und viele Möbel waren gar nicht mehr da. Wie also wurde das Ziel erreicht?
Die Stiftung ging hier lange Wege. Zum Beispiel bei den Stühlen. Es wurden Kopien nach Originalskizzen von verschiedenen Handwerkern angefordert und anschließend von einer Fachjury beurteilt – denn trotz der klaren Anleitung, glich kein Nachbau-Vorschlag dem anderen. Jeder dieser nachgemachten Stühle kostete übrigens 1.100 Pfund.
Ganz ähnlich beim Geschirr, das es – allerdings nur mit schwarzer Glasur – auch zu kaufen geben wird. (Übrigens das Einzige, was NICHT von Charles Rennie Mackintosh designed wurde.)
Um die kleinen Fenster in den oberen Stockwerken rankt sich eine besonders schöne Geschichte. Jedes Fenster hat fünf Kobaltglaseinsätze in Tropfenform.
Bei den vier Fenstern war nur ein einziger Tropfen kaputt – doch woher nun eine Kopie bekommen? Der Willow Tearoom Trust fand heraus, dass die Glasfirma noch existierte, die die Originale hergestellt hatte. Heute geführt vom Enkel des damaligen Unternehmers. Und der entdeckte in den alten Studios tatsächlich noch ein Ersatzstück, das bereits damals für den Tearoom hergestellt wurde.
Anders beim Glas des großen Bogenfensters. Es ist zwar nur durchsichtig, aber bei genauem Blick erkennt man eine Art Muster darin, wie Schlieren. Beim Imitieren dieser und anderer Glasteile wurde auch eine deutsche Firma beauftragt, die Glashütte Lamberts.
Mit jedem Schritt wird einem bewusst, wie viel Leidenschaft in dem Projekt steckt. Und wie viel Arbeit. Und zwar sowohl im Großen wie im Kleinen, wie zum Beispiel die winzigen Quadrate an den Treppen.
5.000 davon wurden nachgezeichnet – per Hand.
Noch einige Worte zum Name: Willow heißt auch Deutsch „Weide“. Im Glaswegian Dialekt Scots heißt Weide „sauch“ und „haugh“ ist eine Niederung oder Aue. Die Sauchiehall Street ist also die Straße der Weiden-Flussaue.
Darum nannte Mrs Cranston das Teehaus, das sie hier eröffnete, „Willow Tearooms“. Allerdings hat bereits im Jahr 1983 Anne Mulhern ein Teehaus im Stile von Charles Rennie Mackintosh in der Buchanan Street eröffnet. Die Namensrechte für „The Willow Tearooms“ liegen bei ihr und der wirkliche, originale Tearoom wird deshalb nun „Mackintosh at the Willow“ genannt.
Persönliche Anmerkung: Schon beim Aufbau dabei
Im Rahmen der VisitScotland Expo wurde mir die Ehre zuteil, einer Führung auf der Baustelle zu folgen und mehr über die Hintergründe zu erfahren. Ich hörte einige wirklich erstaunliche Geschichten. Und war gespannt, wie sich die damalige Baustelle entwickeln würde. Ich wurde nicht enttäuscht!
Anfahrt:
Das Mackintosh at the Willow liegt zu Beginn der Fußgängerzone der Sauchiehall Street, nicht weit entfernt von den Buchanan Galleries. Zu Fuß dauert es vom zentralen George Square etwa zehn Minuten. Mit dem Auto kommt man dort nur schwer hin.
Sehr schön ! Ich konnte mit schottischem Ehemann und halnschottischet Tochter ca. 2010 Tea & merinhues in der ersten Etage genießen nachmittags…heute wohl nur noch der Restaurantbereich. Due Hunterian Galkety an det altehrwürdigen University of Glasgow ist auch ein ‚ Muss‘ ..