Hier leben keine Menschen mehr, dafür gedeiht die Natur prächtig. Der Ausflug zur Insel Mingulay am Südende der Äußeren Hebriden ist ein wunderschönes Abenteuer.
Auf diese Insel kommen Besucher nur mit dem Schnellboot über das Meer. Aber die Reise ist der Mühen wert. Denn am Ende liegt die kleine Insel Mingulay. Vor allem im Sommer ist es hier wunderschön. Dann fliegen Papageitaucher geschäftig zu ihren Nestern auf den Hügeln. Blumen blühen in den Wiesen, die vom Meer aus sanft ansteigen und schließlich im Westen an beeindruckenden Klippen abstürzen.
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
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Auf Mingulay leben keine Menschen mehr – abgesehen vom Seabird Ranger des National Trust for Scotland. Das war nicht immer so. Und die Spuren der einstigen Bewohner sind heute noch zu sehen, ihr Leben auf der Insel zu erahnen.
Mingulay ist eine der Bishop’s Isles oder Barra Isles ganz im Süden der Äußeren Hebriden. Das sind alle Inseln ab Vatersay bis in den Süden. Drei davon stehen heute unter Naturschutz und werden vom National Trust verwaltet: Mingulay, Pabbay und Berneray. Mingulay ist die größte davon, mit einer Länge von etwa 4,5 Kilometern und einer Breite von etwa 2,5 Kilometern. Die Sehenswürdigkeiten darauf lassen sich durch eine Bootstour erkunden.
Mingulay-BootsTour: Eine Fahrt in drei Akten
Die Tour nach Mingulay startet in Castlebay auf Barra, es gibt aber auch einen Anbieter von der Insel Eriskay. Wir sind mit den Hebridean Sea Tours gefahren.
Bei der Ausfahrt zieht Kisimul Castle die Blicke auf sich. Die Fahrt ist keinesfalls langweilig. Denn das Boot passiert zunächst Vatersay, dann die Inseln Sandray und Pabbay. Immer wieder zeigen sich hier schon Seevögel und Robben, die die Felsen der Küsten als Sprungbretter nutzen.
An den steilen Klippen von Pabbay lässt sich noch eine weitere Spezies beobachten: Kletter-Sportler. Denn die Felsen der Insel gelten als eine echte Herausforderung.
Ein wenig Klettern müssen die Besucher von Mingulay ebenfalls. Das große Boot ankert nach zirka einer halben Stunde Fahrtzeit in der Bucht vor dem großen Sandstrand. Ein Beiboot bringt die Passagiere dann an Land – allerdings legt es an einem Felsen an, den man erst einmal hinaufklettern muss. Gut, wer da festes Schuhwerk trägt.
Das ist aber schon der schwierigste Teil, ab dann lässt sich der zweite Akt der Reise voll genießen. Dreieinhalb Stunden Zeit haben die Besucher von Mingulay. Erste Sehenswürdigkeit im Frühsommer: Direkt auf dem Hügel oberhalb des Ausstiegspunkts brütet eine Kolonie Papageitaucher.
Begeben sich die Besucher den Hang hinauf, können sie die wunderbaren Vögel starten und landen sehen. Geschäftig flitzen sie vom Meer heran, den Schnabel voller Fisch für den Nachwuchs in den Erdhöhlen.
Bis auf die wenigen Besucher durch die Ausflugsboote können die Papageitaucher und anderen Vögel wie die Austernfischer sich hier ungestört vermehren. Sie haben den Platz der einstigen Bewohner der Insel eingenommen. 1912 haben die letzten Menschen die Insel geräumt. Die Überreste ihrer Häuser sind heute noch zu sehen.
Eines der Gebäude scheint besser intakt zu sein und auch größer. Um es zu besichtigen, führt der Weg am Strand entlang und an dessen Ende einen Hügel hinauf. Es handelt sich um das alte Schulgebäude. In einem Seitentrakt hat der Ranger heute seinen Unterschlupf. Im Schulgebäude hängen zudem eine Reihe von Infotafeln, die die Geschichte der einstigen Insel-Bewohner erzählen.
Von der Schule aus führt ein schmaler Pfad zurück entlang der alten Häuser bis hinauf zur früheren Kirche. Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um sich die Kinder vorzustellen, wie sie diesen Weg täglich zur Schule zurückgelegt haben. Und es macht Spaß, ihn selbst dann Richtung Kirche nachzugehen.
Unterwegs lohnt es sich immer wieder stehenzubleiben. Denn immer wieder sind Vögel wie Austernfischer auf den Felsen zu beobachten. Und am Rand des Pfads blühen schöne Blumen im Gras: Orchideen oder Sumpf-Schwertlilien sind zu sehen.
Es geht hinauf bis zur alten Kirche, dem anderen Ende des einstigen Dorfes.
Von der Kirche aus lässt sich dann der Weg weiter nach Westen nehmen zu den Klippen der Insel (Vorsicht!). Wer sich hingegen einen Überblick verschaffen will, der besteigt im Südwesten den höchsten Berg der Insel, den Carnan. Mit 273 Metern Höhe schaffen Geübte den Weg in einer Stunde hinauf und zurück. Oder: Man genießt den Strand oder schaut den Seevögeln weiter zu.
So oder so geht die Zeit auf der Insel meist viel zu schnell vorüber. Denn nach dreieinhalb Stunden geht es zurück auf das Boot. Immerhin gibt es erst einmal einen wärmenden Tee dort. Denn der Trip ist noch lange nicht vorbei. Der dritte Akt der Tour führt in die geniale Klippenlandschaft im Westen den Inseln.
Es beginnt mit der Umrundung Mingulays im Süden. Dabei öffnet sich der Blick auf die Insel Berneray (nicht zu verwechseln mit dem Berneray im Norden) mit einem Leuchtturm ganz oben.
Nach Umrundung wendet sich der Bootsführer nach Norden, immer an der Küste entlang. Hier lohnt es sich, den Blick nach oben zu wenden. Denn von den haushohen Klippen aus starten auch Adler zum Beutezug. Am Fuße der Felsen hingegen sitzen Tordalke, die immer wieder ins Wasser tauchen, um nach Beute zu fischen.
Wenn das Wetter passt, dann traut sich der Skipper auf eine besondere Route: hindurch unter einem riesigen natürlichen Felsbogen.
Im Felslabyrinth finden sich dann plötzlich große Basins, in denen sich auch Robben ausruhen.
Rund eine Stunde bezaubert diese besondere Landschaft die Menschen auf dem Boot. Die Zeit vergeht viel zu schnell. Doch irgendwann geht es zurück nach Barra. Weiterhin lohnt es sich nach Adlern zu spähen. Und wenn man Glück hat, dann bieten die „Barra Boys“ noch ein letztes Highlight. Denn diese Schule an Delfinen begleitet oft einfahrende Boote in den Hafen. Wunderbar!
Nach rund sechs Stunden ist die Tour vorüber. Die Reise nach Mingulay ist eine wenig bekannte Alternative zum teuren Ausflug nach St Kilda. Eine wunderbare tagesfüllende Tour für alle, die die schottische Natur erleben wollen.
Wissen: Mingulay und die Bishop’s Isles
Ehe die letzten Bewohner die Insel verlassen hatten, war die gesamte Inselkette südlich von Barra bewohnt. Was heute als „Barra Isles“ bekannt ist, waren einst die „Bishop’s Isles“. Denn eigentlich gehörte das kleine Archipel seit 1427 zum Herrschaftsgebiet des Bishop of the Isles. Allerdings nur „rechtlich“, war der Sitz der Diözese doch weit entfernt. Clan Neil of Barra hingegen residierte in Kisimul, besaß Galeeren, Männer und Schwerter. So hielte die MacNeils die Bishop’s Isles noch lange „by sword“.
30 Familien, rund 135 Menschen lebten einst auf der Insel, deren Name aus dem Nordischen kommt und „große Insel“ bedeutet. Mingulay war Jahrtausende besiedelt, doch um 1900 herum waren die Strapazen zu groß. 1906 übernahmen einige Bewohner Mingulays zusammen mit Menschen von Vatersay widerrechtlich Land auf Vatersay. Sie wurden bekannt als die Vatersay Raiders.
Anfahrt
Mit Navigationsgerät: Die Tour startet in der Castlebay Marina, Postcode „HS9 5XE“.
Ohne Navi: Egal in welche Richtung man die Ringstraße von Barra fährt, sie kommt durch Castlebay. In Castlebay verweist ein Schild nach „Horve“ und zum „Hospital“. Hier geht es dann zur Marina, einem Schotterparkplatz, von dem aus die Bootsstege abgehen.
Touranbieter
- Von Eriskay aus: Uist Sea Tours
- Von Barra aus: Hebridean Sea Tours