Oban ist das Tor zu den westlichen Inseln, beheimatet eine der ältesten Destillerien und hat ein ganz besonderes Wahrzeichen im Stil der Antike. Was ein römisches Kolosseum in den Highlands sucht? Das war so …
Oh, Rom. Würde es ihm doch gelingen auch nur einen Hauch des Flairs dieser ewigen Stadt durch die rußigen Gassen Obans wehen zu lassen. Nur ein einziges Bauwerk, das der Kunstfertigkeit Südeuropas hier in den Highlands huldigen würde.
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John Stuart McCaig war ein Menschenfreund, liebte römische Architektur und hatte es als Banker zu einem gewissen Reichtum gebracht. Ganze Teile Obans gehörten ihm damals. Zwar kam er vom Land, doch die kleine Stadt an der schottischen Westküste war nun seine Heimat.
Als McCaig Mitte des 19. Jahrhunderts in Oban ankam, stand hier noch nicht viel. Erst 1794 hatten die Gebrüder Stevenson an der Bucht eine Destillerie gebaut, das zog Arbeiter an, und rund um das Gebäude und den Hafen bildeten sich kleine Häuserzeilen und Straßen. Ein erstes zartes Erwachen des verschlafenen Nests führte der Besuch des Dichters Sir Walter Scott herbei, denn ihm folgten bald darauf Touristen. Der nächste große Schritt wurde 1880 gewagt: Oban bekam eine eigene Zugverbindung nach Glasgow. Die kleine Stadt, der Hafen, die Destillerie – alles wuchs, wurde größer.
Doch was hier fehlte, war die Schönheit die Kunst, die Muße. Zumindest empfand das John MacCaig so.
Er würde das ändern. Er selbst als Geldgeber und Architekt wollte Oban eine steinerne Krone aufsetzen. Ein Kolosseum nach römischem Vorbild. Im Inneren sollte es eine Kunstgalerie beherbergen und natürlich auch sich und seiner Familie ein Denkmal setzen, in Form eines Turmes in der Mitte – Ehre, wem Ehre gebührt.
Wie gesagt: McCaig war ein Menschenfreund. So heuerte er ab 1897 gezielt in den Wintermonaten Steinmetze an, die sonst in dieser Jahreszeit keine Arbeit gehabt hätten. Auf dem Hügel oberhalb der Stadt, die Destillerie überragend, schufen sie einen Granit-Ring mit zwei Reihen von insgesamt 94 Bogen-Fenstern. Umfang des Bauwerks: 200 Meter.
5.000 Pfund in fünf Jahren verschlang das kostspielige Unterfangen. Klingt nicht viel. Doch die 5.000 Pfund von damals wären heute in etwa eine halbe Million Pfund wert. Ganz schön viel für einen Steinkreis.
Als die beiden Ringe geschlossen waren, verließ den mittlerweile 78jährigen Mann jedoch das Glück. Er wusste um sein schwaches Herz, er litt schon eine Weile an Angina Pectoris. Daher verfügte er noch vor seinem Tod darüber, dass weitere Gelder für das Innenleben des Kolosseum bereitstehen würden. Er hatte also vorgesorgt, als er am 29. Juni 1902 seinem Schöpfer gegenüber trat.
Doch er hatte nicht mit seinen Erben gerechnet. Sie hatten für den Traum des Alten nichts übrig und stoppten sofort die Arbeiten.
„McCaigs Folly“ – McCaigs Torheit nennen heute viele Bürger der Stadt das Bauwerk. Und doch hat der Menschenfreund am Ende sein Ziel erreicht. Das kleine Kolosseum gilt heute als Wahrzeichen Obans und ist neben der Destillerie sicher die wichtigste Attraktion. In seiner Mitte wurde ein wunderschöner Garten angelegt und die Bürger und Besucher können hier Spazieren, sich auf einer Bank ausruhen oder den Blick über den Hafen genießen.
Und so weht am Ende doch ein Hauch Rom durch Obans Gassen.
Wissen: Über die Stadt Oban
Der Fährhafen gilt heute als „Gateway to the Isles“, als Tor zu den Inseln. Tatsächlich gehen von keiner Stadt Schottlands mehr Fährverbindungen ab, als von Oban. CalMac steuert von hier aus Mull, Coll & Tiree, Barra, South Uist, Colonsay, Lismore und Islay an.
Der Name Oban kommt aus dem Gälischen und bedeutet zu deutsch „kleine Bucht“. An der „kleinen Bucht“ leben heute immerhin rund 8.500 Einwohner.
Wenn man mit der Fähre auf den Hafen zuhält, erhascht man einen Blick auf das älteste Gebäude. Es ist die Dunollie Castle, die auf Fundamenten aus der Bronzezeit steht. Die Ruine ist herrlich mit Efeu bewachsen und liegt etwas mehr als einen Kilometer nördlich der Stadt.
Oban hat sich mittlerweile einen Ruf für seine hervorragende Küche mit Meeresfrüchten und Fischen erkocht – da ich leider keines davon esse, kann ich es allerdings selbst nicht beurteilen.
Tipps: Traumhafter Blick und kräftiger Schluck
Bei einem Besuch der Stadt sollte man ruhig einmal komplett den nördlichen – etwas ruhigeren – Hafen und die südliche Promenade komplett abspazieren. Letztere bietet dann auch Geschäfte vom Charity-Shop bis zur Tourie-Klitsche.
Und natürlich ist der Besuch der Oban Destillery lohnenswert, die mittlerweile – wie auch Talisker und weitere Brennereien – zum Großkonzern Diageo gehört. Natürlich gibt es dort auch einen Probierschluck am Ende der Führung
Keinesfalls verpassen sollte man den kurzen Aufstieg durch die Villengegend Obans zu MacCaigs Tower. Von hier aus hat man einen traumhaften Blick über die Stadt und die nahe Insel Kerrera.
Wer sich ein bisschen für die Geschichte interessiert, dem sei noch das Oban War & Peace Museum ans Herz gelegt.
Persönliche Anmerkung: Stützpunkt für Ausflüge
Wir haben einige Tage in Oban verbracht und haben von dort aus auch eine Rundfahrt durch das Tal von Glen Coe und zurück auf der Old Military Road und Loch Awe. Für Ausflüge war Oban also ein guter Ausgangspunkt.
Die Stadt selbst fand ich interessant, mir hat aber ein Tag Sightseeing dort gereicht.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „PA34 5PZ“ bringt einen in die Stadt.
Ohne Navi: Von Glasgow aus nimmt man die A82 und biegt dann auf die Old Military Road, die A85 ab, ehe man dann links auf die A816 nach Oban abbiegt. Von Fort William aus nimmt man zunächst die A82, dann bleibt man ab Glencoe an der Küste und fährt auf der A828, die schließlich wieder auf die A816 trifft.
Hi, mir fehlt bei den Inseln oder bei der Umgebung von Oban der Hinweis auf die Insel Seil und natürlich auf Clachan Bridge (the bridge over the atlantic).
Ansonsten: Chapeau! Sehr schöne Beschreibungen
Danke, da war ich halt noch nicht ;o)