Warum die heilige Madonna als Lady of the Isles über die Insel South-Uist wacht und wie „Father Rocket“ zu seinem Spitznamen kam.
Für Maria, heilige Mutter Gottes, haben sie hier einen eigenen Namen: Moire heißt sie auf Schottisch-Gälisch, und nur für sie wird dieser Name genutzt („Maria“ heißt normalerweise auf Gälisch „Màiri“). Die Mutter Gottes ist auf South Uist so etwas wie der direkte Draht zu Gott. Sie wird für fast Alles angerufen, und sei es nur durch den erstaunten Ausruf „A Mhoire“ – „Maria!“. Generationen von Fischern von South Uist verließen sich auf ihren Schutz, wenn sie zur See fuhren.
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
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Maria Mutter Gottes sollte auch diese unangenehme Sache in der Mitte des 20. Jahrhunderts von den Inseln abwenden. Gerade erst hatte man den Zweiten Weltkrieg hinter sich gebracht, und die britische Regierung war sehr bedacht ihre militärische Stärke auszubauen. In den 1950er Jahren kam das Verteidigungsministerium daher auf die grandiose Idee, auf South Uist eine Raketenabschussbasis zu errichten und dafür eine große Besatzung zu stationieren.
Die Einwohner der Inseln hatten zunächst nichts dagegen. Schließlich würden damit Geld und Arbeitsplätze kommen. Doch dann erfuhren die Einheimischen, wie weitreichend die Pläne der Militärs waren: Die Anlagen sollten fast die ganze Westküste in Beschlag nehmen. Ohne Umsiedlungen und Enteignungen würde das nicht vonstatten gehen, ganz zu schweigen von der Verschandelung des wunderschönen Strands. Viele Soldaten wären stationiert worden, die wenig mit Kultur, Sprache und Glaube der gälischen Einwohner anfangen konnten. Plötzlich war die Lebensart der ganzen Insel in Gefahr, und das wollte man sich hier nicht gefallen lassen.
Doch wie wehrt man sich gegen so etwas Mächtiges, wie das Militär Großbritanniens? Nur eine noch höhere Macht konnte das Unheil abwenden, eine, auf deren Hilfe sie sich immer verlassen konnten.
Die heilige Jungfrau Maria.
Priester John Morrison begann also den göttlichen Beistand zu mobilisieren. Er ließ beten und Schreine errichten an den Straßen, die zum späteren Raketengelände führen sollten. Den Fremden sollte bewusst werden, mit wem sie sich da anlegten: Der Jungfrau Maria und der ganzen Insel. Morrison beließ es aber nicht beim Kirchlichen. Er organisierte auch politischen Widerstand und nutzte dabei geschickt die Macht der Medien.
Schließlich, im Jahr 1954, wollte er die Macht der Maria endgültig in Szene setzen. Auf dem Berg Ruabhal (englisch: „Rueval“) suchte er sich eine Stelle, die 50 Meter hoch lag und ließ dort vom bekannten Bildhauer Hew Lorimer eine neun Meter hohe Statue aus weißem Granit errichten, bezahlt durch Spenden der Bevölkerung und der Kirche. 1958 war sie vollendet und wurde als „Bana thighearna nan Eilean“ – „Our Lady of the Isles“ eingeweiht. Ihren strengen Blick richtete die Jungfrau mit dem Jesus-Kind auf dem Arm genau in Richtung des geplanten Raketenstützpunkts.
All diese Aktionen erfüllten schließlich ihren Zweck. 1959 verkündete das Verteidigungsministerium, dass die geplante Großanlage auf ein Raketentestgelände schrumpfen werde, das ohne ständige Besatzung auskommen solle.
Die Inselbewohner hatten ihren Willen, dank der heiligen Maria. Das kleinere Testgelände brachte tatsächlich Geld und Jobs nach South Uist, veränderte aber weder die Kultur, Sprache oder Landschaft der Insel. Die Statue Our Lady of the Isles wurde 2007 in die Liste schottischer Denkmäler aufgenommen.
Und Priester John Morrison? Der hieß fortan nur noch „Father Rocket“.
Wissen: Katholiken und Protestanten auf den Äußeren Hebriden
Die Western Isles sind konfessionell gespalten: Während die Isle of Lewis, Harris und North Uist protestantisch geprägt sind, predigen auf Benbecula, South Uist und Barra katholische Priester den Glauben. Im Gegensatz zum Beispiel zu den Konfessions-Konflikten in Nordirland, leben die Bewohner der westlichen Inseln Schottlands jedoch friedlich und verständnisvoll nebeneinander.
Tipps: Das Machair und Raketen
Etwas südlich der Statue, an der Kreuzung Richtung Loch Sgioport, geht ein Weg nach Westen ab, der bereits mit dem braunen Hinweisschild „Slighe na Machrach – Machair Way“ versehen ist. Wer das Machair, die berühmten Strände und das Meer von South Uist noch nicht gesehen hat, sollte das jetzt unbedingt nachholen. Am Nordende des Strandes befindet sich übrigens das heutige Raketentestgelände.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „HS8 5RR“ bringt einen in die Nähe der Statue.
Ohne Navi: Im Prinzip gibt es nur eine große Straße, die von Norden nach Süden über die Insel läuft, das ist die A865. Kommt man von Norden, also von Benbecula, fährt man zunächst über den Dammweg nach South Uist. Dann geht es einige Kilometer weiter, ehe man das Loch Bi überquert. Rechter Hand erscheint danach die kleine Siedlung Geirnis, und vorne windet sich die Straße seitlich einen Berg hoch, eine Radarstation ist oben links zu sehen. Das ist der Ruabhal von South Uist (Achtung: Es gibt einen Berg gleichen Namens auf Benbecula). Dort hinauffahren und auf das braune Hinweisschild „Bana thighearna nan Eilean“ achten. Der Weg geht recht steil hoch, oben ist ein kleiner Parkplatz.
Von Süden kommend fährt man, bis man über die Kreuzung kommt, an der ein Schild nach rechts Richtung „Loch Sgioport“ verweist. Von da aus sieht man den Ruabhal mit der Radarstation bereits.