Einen Palast für die Armen – der People’s Palace in Glasgow sollte den Menschen in einem der ärmsten Stadtteile Bildung und Erholung ermöglichen. Heute tut er das für Besucher aus aller Welt.
Geschlossen: Ab 14. April 2024 schließt das Museum für drei Jahre. In der Zeit wird das Gebäude und die Ausstellung umgebaut. 2027 soll es dann wieder öffnen.
Schottland Wandkalender 2025 in A3
Zwölf wunderschöne Motive aus Schottland mit der Isle of Skye, Isle of Mull, Stirlingshire und vielen anderen Orten. Alle Seiten hier ansehen:
„Ein Palast der Freude und der Vorstellungskraft an den das Volk seine Zuneigung richten kann und der ihnen ein Heim gibt und auf dem ihre Erinnerung ruht“, mit diesen Worten beschrieb der fünfte Earl Rosebery die Funktion des People’s Palace bei seiner Eröffnung 1898.
So schwülstig die Worte heute klingen, für die Bewohner des Ostens von Glasgow bedeuteten sie eine wirkliche Hoffnung. Die Menschen lebten in einem überfüllten und verarmten Viertel – Hygiene war ein Fremdwort, Erholung und Ästhetik ebenso. Um den Glaswegians ein bisschen Freude zu spenden, wurde der Volkspalast erbaut.
„Palast“ ist nicht übertrieben. Das zweigeschossige Haus erinnert im Stil an die späte französische Rennaissance. Der typisch schottische rote Sandstein allerdings lässt diese Ähnlichkeit kaum zur Geltung kommen.
Doch wie konnte ein weiteres großes und dunkles Haus den sowieso in enge Wohnungen gepferchtem Einwohner Ost-Glasgows Schönheit vermitteln? Hier kommt der Wintergarten ins Spiel, ein Prachtbau aus Eisen und Glas. Im Inneren großzügig und lichtdurchflutet. Und wunderbar begrünt.
Während der vordere Bereich auch heute noch offen für Sitzgelegenheiten ist, führen Wege in den Garten hinten und zeigen auch heute noch exotische Pflanzen.
Der Ort, der für den People’s Palace ausgesucht wurde, ist durchaus ein geschichtsträchtiger. Das Gebäude sitzt an einem Ende des Glasgow Green, eines langen Parks, der in der Geschichte Glasgows immer wieder Platz wichtiger Ereignisse wurde.
Das Glasgow Green wirkt heute geordnet und sauber. Doch so war es hier nicht immer. Als der Park im Jahr 1450 vom König selbst dem Glasgower Bischof Turnbull und dem Volk geschenkt wurde, war das Land ein unebener Sumpf, durchkreuzt vom Molendinar Burn. Doch heute ist der Fluss auch hier nicht mehr zu sehen, er liegt unterirdisch so wie bereits im Norden bei der Glasgow Necropolis.
Auf dem Glasgow Green konnte Vieh grasen und an den Flüssen wurde Kleidung gewaschen.
Mit der Zeit aber kultivierten die Verantwortlichen den Park. Monumente wurden errichtet, wie zum Beispiel im Jahr 1806 der 44 Meter hohe Nelson Obelisk, der noch vor der berühmten Säule in London an den Helden der britischen Marine erinnerte.
Mit der Zeit zog das Glasgow Green weitere Sehenswürdigkeiten an, die hier umarrangiert wurden, als wären sie Möbel. Das McLennan Arch, eine Art Triumphbogen, zum Beispiel war einst ein Teil öffentlicher Versammlungsräume. Als diese abgerissen wurden, wurde das Tor noch dreimal versetzt, ehe es am Westende der Glasgow Greens seinen heutigen Platz fand.
Ein weiterer Reisender ist die Doulton Fountain, ein wunderbarer Brunnen, der heute direkt vor dem People’s Palace steht.
Ursprünglich wurde der runde Wasserspeier im Zuge der Weltausstellung nahe des Kelvingrove Museum errichtet. Später wurde er in Glasgow Green versetzt und nach Eröffnung des People’s Palace vor dessen Eingang gesetzt.
Gewidmet ist Doulton Fountain der damals regierenden Königin Victoria zu deren Thronjubiläum. Darum steht sie auch auf der Spitze, unter ihr sind Soldaten zu sehen. Die vier Seiten der Säule repräsentieren die vier damaligen Kolonien: Kanada, Indien, Südafrika und Australien.
Doulton Fountain ist übrigens der größte aus Keramik geschaffene Brunnen der Welt. Er besteht hauptsächlich aus Terracotta.
Und damit sind wir wieder beim People’s Palace angelangt. Er ist die Krönung und Vollendung dieser Naherholungsmöglichkeit mitten in Glasgow, die früher den Einwohnern der Stadt gewidmet war, heute aber den Menschen aus aller Welt offen steht.
Wissen: Die Geschichte Glasgows im People’s Palace
Was aber findet der Besucher im Gebäude? Früher waren die drei Ebenen streng aufgeteilt: unten ein Leseraum, in der Mitte ein Museum und oben eine Kunstgalerie. Heute ist fast alles ein Museum, das sich der Geschichte der Stadt widmet.
Die Exponate sind durchaus groß, zum Beispiel wurde die Küche einer bestimmten Epoche komplett nachgebaut.
Oder Schutzhütten gegen Angriffe.
Ganze Geschäftsfassaden wurden im Inneren aufgebaut.
Ergänzt durch Fotos und Erklärungstafeln, bekommt der Besucher einen interessanten Einblick in das Leben der letzten Jahrhunderte in Schottlands größter Stadt.
Tipp: Templeton’s Fabrik mit einzigartiger Fassade
Ein besonderes Gebäude steht nicht weit entfernt vom People’s Palace. Es ist Templeton’s Carpet Factory, in der heute ein Businesszentrum beherbergt ist. Um die Fabrik mitten in der Stadt bauen zu dürfen, ließ Templeton die Fassade nach der Art der Dogenpaläste von Venedig gestalten.
Leider habe ich es verpasst, ein gutes Foto der Fabrik zu machen.
Anfahrt:
Der Park liegt mitten in der Innenstadt, daher erreicht man ihn am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Busse gehen zum Beispiel nahe der Gallery of Modern Art ab, darunter die Linien 18, 64 und 263.
Alternativ kann man auf einem der Hop-on-hop-off-Sightseeing Busse vom George Square direkt bis vor den People’s Palace fahren.
Oder man geht zu Fuß vom George Square etwa zwanzig Minuten durch die Stadt.