Düstere Wolken, Heidekraut und riesige Steine – wenn das Wetter mitspielt, fängt den Besucher die geheimnisvolle Highland-Stimmung des Ring of Brodgar ein.
Hier schützt einen nichts: Kein Schatten lindert die Sonne, kein Blätterdach fängt den Regen, kein Berg bremst den Wind. Hier gibt es nur die rohen Elemente. Derart entblößt, stehen die Steine des Ring of Brodgar schon seit tausenden von Jahren und trotzen den Naturgewalten.
Mein Reiseführer Orkney
Auf 234 Seiten beschreibe ich 50 Sehenswürdigkeiten auf den Inseln Mainland, Hoy, North- & South-Ronaldsay, Westray und mehr. Zusätzlich Infos zur Anreise, zum Klima, zur Geschichte, Festivals und mehr. Mit drei Tagestouren.
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Natürlich hat die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Moos wächst an den Flanken der Monolithen, die Oberfläche ist verwittert und einen der Steine hat ein Blitz gespalten. Doch noch immer stehen sie aufrecht und bilden einen gigantischen Kreis. Die Mitte der Anlage ist mit einem Teppich aus Heide ausgelegt – wenn Sie blüht, verleiht sie dem Ring of Brodgar einen elfischen Zauber.
Blickt man sich um, übersieht man weite Teile der Orkney-Insel Mainland mit sanften Hügeln und den glitzernden Loch of Stenness und Loch Harray, die die Landzunge mit dem Steinkreis einrahmen.
Wenn einem hier ein einsamer Augenblick vergönnt ist und man sich darauf einlässt, spürt man die altehrwürdige Schönheit und die geheimnisvolle Stimmung des Ring of Brodgar.
Wissen: Alter, Aufbau, Sinn des Ring of Brodgar
Mit maximal 4.700 Jahren Alter ist der Ring of Brodgar ein eher junger Steinkreis – zumindest gemessen an seinen Nachbarn, den Standing Stones of Stenness, die noch einmal rund 300 Jahre älter sind. Da noch keine umfangreichen Ausgrabungen stattgefunden haben, können die Wissenschaftler sein Alter nur schätzen: Etwa zwischen 2700 und 2000 vor Christus soll er entstanden sein.
Dafür beeindrucken seine Ausmaße: Insgesamt gab es einst 60 Steine, der Durchmesser des Kreises ist mit 104 Metern recht groß (es gibt nur zwei größere in Großbritannien: Avebury mit 420 Metern und Stanton Drew mit 113 Metern). Jetzt stehen noch 21 Steine, die meist um die zwei Meter hoch. Einer allerdings erreicht fast 5 Meter Höhe.
Wissenschaftler haben zudem errechnet, dass für den Bau damals rund 80.000 Arbeitsstunden benötigt wurden und insgesamt 12.000 Tonnen Gewicht bewegt werden mussten. Alles ohne Maschinen, versteht sich.
Ebenfalls erstaunlich: Die Steine unterscheiden sich in Farbe, Textur und Form. Da fast nichts an dem Steinkreis Zufall war, scheint auch das von den Erbauern gewollt. Das bedeutete aber auch: Es gab vermutlich sieben unterschiedliche Steinbrüche, aus denen die Steiner zusammengetragen wurden – allerdings kann es sein, dass dies über die Jahrhunderte hinweg fortgeführt wurde.
Dass der Zufall keine Rolle spielte, zeigt der Kreis selbst, der als einer der genauesten Steinkreise überhaupt gilt. Trotz seines Umfang ist er nicht nur exakt kreisrund, auch die Steine wurden in nahezu gleichen Abständen gesetzt.
Vor lauter Steinen sollte dabei auch der Graben um das Monument in Betracht gezogen werden, der die Monolithen umgab. Zehn Meter breit und vier Meter tief bot er nur an einigen Stellen einen Eingang in das Innere des Heiligtums. Die Erd- und Steinmassen, die für seine Entstehung bewegt wurden, waren enorm!
In der Jungsteinzeit sollen im Ring of Brodgar dann bis zu 3.000 Leute und mehr Platz gefunden haben, um an unbekannten Riten teilzunehmen.
Der Ring of Brodgar gehört natürlich in den Zusammenhang des gesamten sogenannten „Isthmus“ des Ness of Brodgar. Ein wahres El Dorado für Archäologen, die hier Stück für Stück weitere Wunder und weiteres Wissen zum damaligen Leben in der Jungsteinzeit entdecken.
Tipp: Weitere Orte der Jungsteinzeit auf Orkney
Der Ring of Brodgar ist ein Teil des neolithischen Erbes Orkneys – und eben das jüngst davon. In seiner Nähe befinden sich drei weitere Zeugen aus dieser Zeit. Nur wenige hundert Meter entfernt liegen die Standing Stones of Stennes, noch einmal wenige Kilometer weiter befindet sich das Hügelgrab Maes Howe und an der Westküste schließlich das Steinzeitdorf Skara Brae. All das lässt sich zu einer schönen Tagestour verbinden.
Persönliche Anmerkungen: Schöne Atmosphäre
In den 1990ern war der Tourismus in Schottland noch nicht so ausgeprägt. Damals konnte ich wirklich eine Weile die Stimmung des Rings of Brodgar auf mich wirken lassen. Leider wurde das dann jäh von einer Touristengruppe unterbrochen, die aus einem Reisebus stürmte. Heute ist das nicht mehr möglich. Der Steinkreis ist umzäunt und kann nur noch auf bestimmten Wegen angesehen werden.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „KW16 3JY“ bringt einen in die Nähe der Sutherlands Garage. Von hier aus sind es nur wenige muss man nur die B9055 und den Hinweisschildern folgen.
Ohne Navi: Von Stromness aus immer nach Kirkwall, dann nach Stennes links ab zur Bay of Skaill. Linker Hand sieht man dann den Ring of Brodgar von der Straße aus, ein Schild weist zum Parkplatz. Fahrtzeit zirka 15 Minuten.
Bus: Es gibt einen Linienbus bis Stenness. Und auch einige Touristische Rundfahrten, die man im Touristinfo nachfragen kann.