Auf der Fährte zu besonderen Schnäppchen wandeln wir auf Edinburghs Antiques Treasure Trail und besuchen zwei Antiquitätenhändler. Wird die Jagd erfolgreich verlaufen?
Man kommt kaum rein in das Geschäft von Allan K. L. Jackson. Und das meine ich ganz wörtlich. Hinter der Eingangstür geht es vielleicht noch eineinhalb Meter weiter, ehe einem eine Art Müllhalde den Weg versperrt. Die zieht sich bis an die hintere Wand des Geschäfts. Links verstellt eine alte, ölige und rostige Zapfsäule den Zugang zu den Regalen an der Wand. Rechts verläuft die Ladentheke, hinter der ein älterer Herr in speckigem Hemd sitzt; Mr Jackson, so nehme ich an. Das hier ist kein Antiquitätenhandel, es ist ein Schuttberg.
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Lustig, dass ausgerechnet hier unsere Jagd erfolgreich sein wird.
Der Laden von Courtyard-Antiques dagegen, in dem wir kurz zuvor noch waren, liegt zwei Häuserecken weiter. Er stellte sich uns ganz anders dar. Zwar war auch er vollgepackt mit Krimskrams, doch alles schien eine Ordnung zu haben. Sorgsam hatte der Besitzer Pfade durch die zwei Stockwerke seines Geschäfts gelegt. Wertvolles lag in Vitrinen oder Schränkchen, doch auch die Sachen außerhalb erschienen deutlich hochwertiger als in Jacksons Verhau.
Courtyard Antiques strahlte den Flair eines Museums aus. Viel altes und edles Holz, ein Taucheranzug mit Messinghelm, Uniformen und Waffen aus anderen Jahrhunderten, Kristall-Lüster, verschnörkelte Bettgestelle und detailverliebte Modellsegelboote. Sogar Buntglasscheiben mit Motiven darauf hätten wir hier kaufen können. Doch so viel Geld wollten wir nicht investieren. Wir waren auf der Suche nach kleinen Besonderheiten – „Curiosities“. Hier bei Courtyard Antiques kann man sich wohlfühlen. Doch unseren Jagdinstinkt konnten wir hier nicht befriedigen.
Den Fimmel für die Antiquitäten-Jagd in Schottland hatten wir uns übrigens vor Ort eingefangen. Im Programm der BBC läuft nämlich die Sendung „Antiques Road Trip„, bei der die Akteure durch Antiquitätenläden in ganz Großbritannien tingeln, um günstige Schnäppchen zu erhaschen, die sie dann gewinnbringend auf Auktionen verkaufen. Dabei durchaus charmant aber auch hart mit den Ladenbesitzern verhandelt – mal erfolgreich, mal weniger. Wir haben dabei etliche nützliche Floskeln aufgeschnappt wie „what is your absolute best on it“ oder „could you do it for a tenner quit“. Das wollten wir unbedingt nun einmal selbst ausprobieren.
Für Edinburgh gibt es eine Broschüre, die einem fast alle Antiquitäten-Händler der Stadt aufführt. „Edinburgh’s Antiques Treasure Trail“ nennt sie sich. (Eine noch unvollständige Liste von Antiquitätenhändlern in Schottland gibt es hier.)
https://youtu.be/3Mr0u1Vo-BY
Doch zurück zum Laden von Mr Jackson. Dort habe ich gerade wirklich Angst um den Besitzer. Mit einem Bein auf dem Hocker balancierend räkelt er sich dem obersten Regal hinter der Theke entgegen. Das Hemd rutscht ihm dabei unvorteilhaft aus der Hose. „The right one“ dirigiert ihn meine Frau. Mit geübtem Flohmarkt-Auge hat sie ein verziertes Glas zwischen all dem Tand ausgemacht. Jackson fingert das Glas herbei. „And the other one besides it as well.“ Jackson streckt sich nach einem zweiten ganz ähnlichen Glas, steigt wieder herunter und setzt den Behälter auf die Theke.
Katrin verschwindet derweil schon hinter der Zapfsäule im Regal, was entdeckt sie diesmal? Sie zieht einen kleinen Salzstreuer hervor. Unten aus Glas, oben aus Metall. Durch den Antiques Road Trip wissen wir genau, wonach wir zu suchen haben: Hallmarks, zu deutsch Prägestempel. Würden wir am Deckel des Salzstreuers einen finden, wäre das Metall aus Silber oder zumindest mit Silber plattiert. Und tatsächlich: Da ist er. Endlich hatten wir eine lohnende Beute gefunden.
Katrin stellt den Salzstreuer zu den beiden Gurkengläsern. Das also ist unser „lot“, unser Waren-Päckchen. Preisschilder kleben nicht daran, das lässt Platz für Fantasie.
„How much for the salt sifter?“ eröffne ich die Runde.
Fünf Pfund will Jackson, etwa 6,30 Euro. Eigentlich ein vernünftiger Preis. Aber für Vernunft sind wir nicht hier.
Feilschen! Jetzt! Los! Theoretisch weiß ich ja, wie es geht. Und doch: Ich bin es einfach nicht gewohnt aus Deutschland, muss allen Mut zusammen.
„Could you do it for Three?“ sage ich, „und wir treffen uns bei vier“ denke ich.
Jackson mustert mich mit einem kritischen Blick über den Rand seiner Brille hinweg. „Ok.“ Das war einfach … jetzt komme ich in Fahrt.
Am Ende stolpern wir siegestrunken aus dem Laden mit unseren drei Schätzchen. 12 Pfund haben wir dafür bezahlt? Zu viel? Zu wenig? Egal! Finden und Feilschen geben uns den Kick. Und schon beim Verlassen des Geschäfts sind wir uns sicher: es wird nicht unsere letzte Jagd auf dem Antiques Treasure Trail gewesen sein.
Sehr schöner Beitrag, da fühlt man sich gleich als wenn man daneben steht :)
Ein wirklich toller Bericht und wenn Sie mir dabei helfen können ein original schottisches Kneipenschild zu finden, würde ich mich sehr freuen.
Herzlichen Gruß Gudrun Cronauer
Leider handle ich nicht selbst ;)
Schade, aber vielleicht können Si e ein Tipp geben wo ich so ein Schild bekomme
Leider nicht :(