Im Scottish Crannog Centre am Loch Tay können Besucher in die Eisenzeit Schottlands abtauchen. Ein Museum und das Dorf zeigen das Leben der Vergangenheit.
In der Nacht kam das Feuer. Am 11. Juni 2021 machten Flammen der jahrelangen Arbeit von Archäologen und Freiwilligen ein Ende. Das Crannog – ein Haus im See auf Pfählen – war nur noch ein Haufen feuchter Asche. Doch mithilfe von Spenden und viel Arbeit entsteht nun ein neues Crannog. Und noch viel mehr.
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Knapp drei Jahre nach dem Feuer eröffnete das Scottish Crannog Centre an einer neuen Stelle: noch größer, noch schöner, mit noch besserem Konzept. Fast wie ein Phönix aus der Asche.
Ein ganzes Dorf aus der Eisenzeit ist am Ufer des Loch Tay entstanden. In den runden Holzhäusern haben sich Handwerker niedergelassen: Schmiede, Spinner und Weber oder einfach nur Bäcker.
Der Weg ins Dorf führt allerdings durch das Museum. Denn hier liegen unter anderem auch die Fundstücke, die Archäologen im Loch Tay aufwendig ertaucht hatten.
Pflüge, Überreste von Haselnüsse, Töpferwaren und vieles mehr gibt es hier zu sehen. Einige Schätze liegen aber im Schrank, und werden nur für einige Besucher herausgeholt. Zum Beispiel uralte Kleidungsfetzen, die in einem sogenannten 1/2 Twill gewebt wurden. Eine Methode, die erstaunlich fein ist und ein neues Licht auf die damaligen Weber wirft.
So schön es ist die Exponate im Museum zu sehen, so ist es schöner im Dorf des Scottish Crannog Centre die Welt von damals zu erleben.
In einem der Holzhäuser bäckt eine Bewohnerin Brot und bereitet weitere Speisen zu. Sogar probieren können die Besucher hier. Ein würziger Geschmack aus der Vergangenheit.
Dabei gibt die Frau gerne Auskunft und demonstriert ihre Kunst. Gleich nebenan vernehmen Besucher dann das Schnaufen des Blasebalgs und das Hämmern auf dem Ambos. Schmied Tom Timbrell bearbeitet hier geduldig einen Klumpen Eisen, um daraus Nägel, Klingen und andere Werkzeuge zu fabrizieren.
Hier zeigt sich, wie experimentelle Archäologie wirkt. Was nicht durch Funde zu erklären ist, wird ausprobiert oder teilweise auch bei heutigen Völkern erfahren, die noch ähnliche Techniken verwenden. Der Blasebalg an der Esse etwa findet sein Vorbild in Afrika.
Dass die Menschen der Eisenzeit alle in eintönigen und gedeckten Farben unterwegs waren, wird im dritten Haus widerlegt. Die Eisenzeit war bunt. Und die Spinner- und Weberinnen zeigen das hier selbstbewusst.
Hier hängen bunte Fäden über den Holzbohlen und Wollknäuels stapeln sich in Körben. Schurwolle liegt in Säcken als Rohmaterial bereit. Alles zum Anfassen, alles real.
Im Dorf lässt sich noch viel entdecken. Hie und da stehen Currachs herum, kleine Ruderboote, bespannt mit Tierhaut. Reetbündel lehnen an den Häuserseiten, Handwerker hämmern an den historischen Gebäuden herum.
Ganz modern lässt es sich dagegen im Café auf dem Gelände speisen. Kaffee und Kuchen oder auch kleine warme Mahlzeiten.
Aber: Wo ist eigentlich das Crannog selbst? Jenes Holzhaus auf dem Wasser, das dem Zentrum seinen Namen gibt? Die Antwort: Noch nicht da. Es ist gerade im Entstehen. Zum einen soll es aus dem Dorf heraus durch viele Helfer entstehen. Zum anderen müssen die Ämter ihren Segen geben. Aber noch im Sommer 2024 soll es losgehen.
Wie das Crannog einst aussehen wird, lässt sich nur anhand des alten Baus erahnen, der abgebrannt ist. Vermutlich führt wieder ein langer Steg zu einem Eingang in ein großes, rundes Holzhaus.
Im Inneren sah es damals dann so aus:
Der Besuch im neuen Scottish Crannog Centre ist noch besser, als im alten damals. Das Konzept von Mitmachen und auch Mitreden, geht voll auf. Und so verfliegt die heutige Zeit im Dorf Eisenzeit. Doch am Ende braucht es nur einen Schritt durch das Tor auf den Parkplatz, um plötzlich im Heute zu stehen.
Wissen: Loch Tays Crannogs und Unterwasser-Archäologie
Crannogs sind Rundhäuser, die auf Pfählen mitten ins Wasser gebaut wurden und Schottland hatte früher viele davon. Es sind derzeit 430 Plätze gezählt worden, auf denen solche Häuser einmal standen. Übrigens: Auch bei uns waren diese Pfahlbauten einst verbreitet – zum Beispiel am Bodensee.
18 Crannogs hat man bisher alleine im Loch Tay entdeckt. Fünf davon können mit bloßem Auge sogar heute noch gesehen werden – als kleine Inseln mit Baumbewuchs. Eine davon liegt zum Beispiel nicht weit entfernt in der Bucht bei Kenmore. Je nach Wasserstand des Lochs tauchen auch weitere kleine Crannog-Inseln wieder auf. Der Höhenunterschied des Sees kann zweieinhalb Meter schwanken.
Um all diese Crannog-Überreste untersuchen zu können, tauchen die Archäologen im Loch Tay schon seit dem Jahr 1980. Dabei fördern sie Werkzeuge, Schmuckstücke, Baumaterial und sogar Überreste von Langbooten zutage. Die alte Crannog-Rekonstruktion basiert dabei hauptsächlich auf den Erkenntnissen des Oakbank Crannogs bei Fearnan.
Tipp: Lust auf ein Abenteuer? Dann nehmt die Straße durch Glen Quiach
Von Sterling kommend können Besucher via Aberfeldy nach Kenmore fahren auf größeren und sicheren Straßen. Es gibt aber eine alternative, szenische Route über eine kleine Singeltrack-Roads über die Berge. Die Tour führt durch das Glen Quaich und dann hinüber nach Kenmore. Die Abfahrt endet fast etwa bei der Kenmore Marina. Allerdings ist sie sehr kurvig und eng.
Dennoch: Die Route ist ein Tipp, ob hinwärts oder zurück. Sie ist wunderschön, wenn auch anstrengend.
Anfahrt und Zugänglichkeit
Mit Navigationsgerät: Einfach „PH15 2NX“ eingeben, schon führt einen das Navi nach Kenmore. Der Rest ist beschildert.
Ohne Navi: Von Perth nimmt man die A9 Richtung Inverness und Pitlochry, verlässt die Straße aber schon bei Ballinluig und Aberfeldy. Auf der A827 fährt man nun immer weiter bis kurz vor Kenmore. Dort der Beschilderung zum Crannog Centre folgen. Von Callander kommend fährt man die A85 bis die Abzweigung nach Killin und die Falls of Dochart angezeigt werden. Das ist wieder die A827, der man dann nach Killin und anschließend nach Kenmore folgt.
Parken kann man direkt am Scottish Crannog Centre, es gibt dort einen großen Parkplatz.
Zugänglichkeit: Der größte Teil des Geländes ist ebenerdig, mit Rampen zum Museum, zum Café, zum Laden und zu den Toiletten, die für Rollstühle und Rollstuhlfahrer geeignet sind. Besucher mit Sehbehinderung können an einer gesprochenen Führung teilnehmen. Es gibt auch eine Sammlung zum Anfassen und Aktivitäten im Freien.