Außen eher kühl und grau, doch innen beherbergt das Skaill House Erinnerungen und Geschichten aus 400 Jahren. Ein Besuch auf dem Anwesen lässt sie lebendig werden.
Mit dem Tod des Tyrannen begann es: Patrick Stewart, zweiter Earl von Orkney, verlor seinen Kopf und damit auch all seine Besitztümer. Darunter ein Anwesen im Westen von Orkney Mainland, gelegen an einer weiten und wunderschönen Bucht. Der damalige Bischof George Graham erhielt dieses Gebiet, und er schickte sich an, darauf ein Haus zu errichten. Das Skaill House.
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400 Jahre lang beherbergte Skaill House seitdem nicht nur seine Familie, sondern auch etliche Gäste – und manch ein Besucher schwört: sogar Geister. Mit der Zeit wuchs das Haus, und in seinen immer zahlreicheren Zimmer sammelten sich Souvenirs aller Epochen und aus allen Gegenden der Welt an.
Ein Spaziergang durch das Skaill House ist daher ein Ausflug durch die Erinnerungen der Familie. Von seinem Erbauer, Bischof Graham, kann der Besucher heute zum Beispiel noch das wuchtige Himmelbett im Schlafzimmer sehen. Gleich daneben, hinter Glas geschützt, steht eine detaillierte Nachbildung der St. Magnus Kathedrale.
Im Speisezimmer ist die Tafel noch fein gedeckt. Man hatte hier einen besonderen Gast erwartet: Kapitän James Cook, Südsee-Abenteurer und Entdecker. Er kam allerdings nie, denn bevor er hier Gast sein konnte, fand er den Tod auf der Insel Hawaii. Immerhin erhielt man sein Gastgeschenk, ein Porzellanservice, das nun einer Vitrine zu sehen ist.
Im feinen Salon des Hauses zieht ein helles Tigerfell die Blicke auf sich, der als Teppich vor dem Sofa liegt. Er stammt aus Indien, wo einer der Vorfahren gedient hatte. Aus Japan hatte ein anderer wiederum die Seidenstickerei an der Wand mitgebracht. Sogar das Treppenhaus ist ausstaffiert mit sehenswerten Stücken aus aller Welt: japanische Schwerter, der Holzschrank einer spanischen Galeone, erbeutete Flaggen aus Russland.
Skaill House hat auch seine Besonderheiten. In der Bibliothek spendet ein großes rundes Fenster Licht, das von Stil aber nicht recht hierher gehören will, dafür aber einen wunderschönen Blick bietet. Und auch Geheimnisse birgt das Haus hier: Eines der Regale kann geschwenkt werden und gibt dahinter eine Versteck frei.
Jeder Bewohner fügte dem Haus eine weitere Eigenheit hinzu. Zuletzt gelangte Skaill House in die Hände von Major Malcolm Macrae. Er stellte vieles im Inneren wieder her und öffnete es schließlich für uns Besucher. Die Eintrittskarte für das nahe Skara Brae berechtigt dabei auch zum Besuch in dem Anwesen.
Wissen: Von Geistern, Skeletten und Steinzeithäusern
Skaill House liegt auf Laufweite zu Skara Brae, und so ist deren Schicksal durch einen Mann verwoben: William Graham Watt. Im Jahr 1850 nämlich, als in der Nacht ein Sturm gewütet hatte, machte sich der damalige Besitzer von Skaill House zu einem Spazierganz auf. Nahe der Bucht viel Watt etwas auf: Der Wind und das Wasser hatten seltsame Steinformationen freigelegt. In den folgenden Jahren leitete der Besitzer von Skaill House Ausgrabungen und legte die Siedlung von Skara Brae frei.
Sein Haus diente ihm gleichzeitig als eine Art Museum. Noch bis 1930 konnte man dort Fundstücke aus dem Steinzeitdorf bestaunen, die nun aber sicher im Nationalmuseum in Edinburgh verwahrt werden.
Doch der Boden des Anwesens hielt weitere Überraschungen bereit. Als der Stein-Fußboden im Eingangsbereich durch Holz ersetzt wurde, fand man unter dem Haus einige Skelette. Wie sich herausstellte, scheint Skaill House auf einem piktischen Friedhof zu stehen. Die Überreste legte man wieder zurück, sie befinden sich also immer noch dort.
Kein Wunder, dass dann auch von der ein oder anderen Geistersichtung berichtet wird. Der Geist hat sogar einen Namen: Ubby. Es soll sich dabei um einen Mann gehandelt haben, der im nahen Loch of Skaill über Jahre hinweg eine Insel aufgeschüttet hat und darauf eines Tages gestorben war. Nun spukt er in der Umgebung, schadet aber keinem wirklich.
Persönliche Anmerkung: Nicht von der grauen Fassade abschrecken lassen
Auf die Ferne sieht das Anwesen gar nicht so gemütlich aus. Eine graue Fassade, ein Haus mit eher modernen Anbauten. Doch davon sollte man sich nicht blenden lassen. Die Tour im Inneren hat es in sich. Man sieht viele kleine Kostbarkeiten und interessant ausgestattete Räume. Danke der ausführlichen Beschreibungen in verschiedenen Sprachen erfährt man direkt in den Räumen alles Wichtige. Eine gelungene und sehenswerte Tour, die uns großen Spaß gemacht hat und bei uns sogar länger dauerte als die Besichtigung des nahen Skara Brae.
Tipp: Einen halben Tag für die Gegend reservieren
Wenn man das alles genießen und in Ruhe ansehen möchte – also Skara Brae, Skaill House und die nahe Bucht, lohnt es sich, einen halben Tag alleine dafür einzuplanen. Denn im nahen Coffee-Shop im Besucherzentrum von Skara Brae, lässt sich auch recht gut essen. Wir hatten Suppe in einem Brotlaib. Lecker.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: Einfach “KW16 3LR” eingeben, das bringt einen bis fast an die Tür des Besucherzentrums von Skara Brae und damit auch von Skaill House.
Ohne Navi: Von Stromness zunächst die A965 nehmen, dann sehr bald links auf die A967 nach Sandwick abbiegen. Nach etwa fünf Kilometern links halten Richtung “Bay of Skaill” und “Marwick”. Immer auf dieser Straße nach “Bay of Skaill” bleiben, bis schließlich eine Art Toreinfahrt links erscheint. Hier weisen auch schon die braunen Schilder den Weg nach Skara Brae.
Von Kirkwall aus nimmt man zunächst die A965 nach Stromness. Kurz vor dem Ort dann rechts nach Sandwick abbiegen und auch hier den Schildern nach “Bay of Skaill” und “Marwick” folgen.