Sie ist riesig, aber fällt nicht auf. Sie steht an einer belebten Kreuzung, doch niemand geht hinein: St John’s Church ist Edinburghs unterschätzte Sehenswürdigkeit.
Kein Wunder: Im Gegensatz zu St Giles‘ Cathedral liegt die St John’s Episcopal Church nicht direkt an der Royal Mile. Auch wenn die Princes Street keine schlechte Adresse ist, meist biegen die Besucher vorher schon ab in die Gärten oder zur George Street. Außerdem finden sich in der St John’s Church auch keine wertvollen Dokumente, berühmte Gräber oder Dudelsack spielende Engel. Also warum überhaupt hineingehen?
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Eine Sache macht die Kirche eben doch besonders: ihre Decke.
Die wunderbare Symmetrie der verzierten Trichter, die jeweils mit einem blauen Stein abgeschlossen sind, ziehen die Blicke der Besucher magisch nach oben. „Hängendes Trichtergewölbe“ nennt sich diese Bauart und sie ist eine Seltenheit.
Auch sonst ist die St. John’s Episcopal Church durchaus eine runde und ausgewogene Konstruktion.
Buntglasfenster sorgen für viel Licht und über dem Altar wölbt sich ein herrlich blauer Himmel.
Noch etwas hat diese Kirche. Um sie herum erstreckt sich ein ummauerter Garten, der „Peace Garden“. Die Mauern sollten einst Grabräuber abhalten. Bis 1965 wurden hier Gemeindemitglieder begraben; so liegt hier zum Beispiel auch Sir Walter Scotts Mutter.
Geht der Besucher die Treppe seitlich des Gebäudes in den Garten hinunter, findet er im Untergeschoss ein christliches Buchgeschäft sowie einen One-World-Fairtrade-Laden.
Ein kurzer Besuch in der St John’s Church lohnt also in jedem Fall.
Wissen: Das Vorbild für St John’s Deckengewölbe
Richtig alt ist diese Kirche nicht. Erst 1818 wurde sie eingeweiht. Doch sie hatte ein starkes Vorbild: Da die episkopalische Kirchenlehre vom britischen König einst durchgesetzt wurde, nahm Architekt William Burn Anleihen bei einem Teil der Westminster Abbey in London. Dort findet sich in der Kapelle Henry VII. ein fast identisches Deckengewölbe.
Burn begegnet uns in der schottischen Architektur durchaus noch an vielen Stellen. Zum einen errichtete er die Inverness Castle, die das Bild der Highland-Hauptstadt prägt. Zum anderen begann er den Stil mit zu entwickeln, die seine Schüler zur Perfektion treiben sollten: der Scottish Baronial Style. Schüler war zum Beispiel David Bryce, der Fettes Colleges und das Bank of Scotland Building am Mound in Edinburgh entwarf. Ein anderer Schüler war George Meikle Kemp, der das Scott-Monument an der Princes Street geplant hat.
Tipp: Kunsthandwerk in den Gärten
Im August findet in den Gärten die West End Fair statt, auf der Kunst- und Designhandwerk gezeigt und verkauft wird. Es macht Spaß über den Markt zu schlendern.
Anfahrt:
Mit dem Auto wird es wie in ganz Edinburgh schwierig. Da in Edinburgh sowieso alles „20 Minutes away“ ist, lässt sich die St John’s Church wunderbar am Ende eines Spaziergangs durch die Princes Street oder die Princes Street Gardens einbauen. Sie liegt an der Kreuzung zwischen Princes Street und der Lothian Road.