Eine bunte Reihe Häuser schmiegt sich an eine traumhafte Meeresbucht – das ist Tobermory, die Hauptstadt von Mull. Der Begriff „malerisch“ passt hier wirklich, denn die Gebäude strahlen in einer Vielfalt von Farben, die eher ungewöhnlich ist für Schottland.
Das Bummeln an der Hafenstraße lohnt sich, füllt allerdings den Tag nicht aus – schließlich hat Tobermory gerade mal 700 Einwohner, da ist man schnell durch. Es bietet sich ein Besuch in der Destillerie im Ort an, die neben dem Tobermory-Whisky auch noch den „Ledaig“ brennt (Ledaig nennt sich der Bereich, auf dem die Destillerie steht, ist aber direkt zu Beginn der Hafenstraße). Und natürlich kann man in den Restaurants prima Essen.
Schottland Wandkalender 2025 in A3
Zwölf wunderschöne Motive aus Schottland mit der Isle of Skye, Isle of Mull, Stirlingshire und vielen anderen Orten. Alle Seiten hier ansehen:
Ansonsten ist Mulls Hauptstadt Ausgangspunkt für viele spannende Aktivitäten: Fischen, Wandern, Wale und Vögel beobachten (Mull ist für seine Adler bekannt!) – es gibt sogar einen Golfplatz mit neun Löchern in der Nähe.
Kein Ort ohne Legende oder Geistergeschichte. Das Meer vor Tobermory soll ein Geheimnis bergen: Die Überreste einer spanischen Galeone sollen auf dem Grund der Bucht liegen. 1588 ist sie – nachdem die Armada von den Engländern besiegt worden war – um die Nordspitze Schottlands gefahren und hat hier Proviant gefasst. Das Dumme nur: Die Spanier wollten nicht zahlen, und so sprengten die Schotten das Schiff kurzerhand in die Luft – samt der Besatzung.
Nun ist es noch interessant, welches Schiff es war, das da liegen soll. Viele gehen von der „Almirante di Florencia“ aus. Das wäre auch am spannendsten, denn sie war ein mit Gold beladenes Schiff.
Wahrscheinlicher ist die Geschichte aber so:
- Nicht die Schotten, sondern die Engländer stellten und sprengten das Schiff.
- Es handelte sich um ein normales Kriegsschiff ohne Schatz an Bord.
Persönliche Anmerkung: In aller Kürze
Tobermory empfand ich als wirklich schön. Allerdings reichte mir ein halber Tag dort zum Seightseeing dann aus. Mull hat ja noch mehr zu bieten …
Tipps: Fudge und Fähre
Ein kurzer Besuch im „Tobermory Chocolate“, wo es neben Schokolade auch leckeren Fudge gibt. Danach hat man allerdings erst einmal genug vom Zuckerzeug.
Feudal übernachten lässt es sich übrigens im rund 10 Kilometer entfernten Schloss Glengorm Castle.
Ach und: Augen aufhalten nach der berühmten Tobermory Cat. Eine dickliche, rotgetigerte Katze, die in den Straßen streunt. Wenn Sie pinkelt macht sie das übrigens ganz fein über einem Gulli. Brave Katze!
Für die Weiterreise: Von Tobermory aus geht eine kleine Fähre nach Kilchoan ans Festland. Die einsame Straße von dort aus gehört zu einer der schönsten Autofahrten in Schottland.
Wissen: Fischfang nur am Anfang
Tobermory kommt vom gälischen „Tobar Mhoire“ und bedeutet etwa „Marys Quelle“ oder „Marys Brunnen“.
Tobermory ist – wie Ullapool auch – von der schottischen Fischerei-Gesellschaft gegründet worden, es sollte Hering gefangen werden. Das war im Jahr 1788. Allerdings kam das Unternehmen Fischfang nicht recht in Schwung – es fehlte der Bevölkerung an Kenntnis. Dafür lebte man einige Zeit vom Ernten von Kelp, also großem Seetang, der als Rohstoff für Seife diente. Doch auch dieser Boom hielt nur bis ins Jahr 1820 an.
Danach gewann bereits der Tourismus an Bedeutung. Ein Besuch der Königin Victoria, die sich lobend über den schönen Hafenort äußerte, war dafür ausschlaggebend.
Anfahrt:
Von Oban mit der Fähre nach Craignure, dort vom Schiff fahren und rechts auf die Küstenstraße A849 – das Schild zeigt Tobermory auch an. Durch den Ort Salen, danach heißt die Straße A848 – immer an der Küste entlang. Am Ende noch Richtung „Main Street“ abbiegen, am Hafen gibt es meist genug Parkplätze. Insgesamt sind es knapp 34 Kilometer von der Fähre aus.
Tobermory hat uns deutlich besser gefallen, als Portree auf Skye, vor allem auch, weil dort bei weitem nicht so ein Touristentrubel ist, wie in Portree.
Vor ein paar Jahren habe ich mal eine Nacht vor Tobermory geankert.
Zum Landgang reichte die Zeit nicht; zu knapp die Zeit, um via Pentland Firth und Norwegen wieder nach Hause zu segeln.
Wenige Jahre später wollte ich alle Häfen, die ich vorher nur von See aus gesehen hatte, auch an Land erkunden.
Für Tobermory der Plan: Hotel in Fort William, mit dem Auto nach Kilchoan, Auto am Hafen parken, Fähre nehmen, in Tobermory den Ort erkunden und dann alles zurück.
Es kam alles anders. Es blies ein kräftiger Wind, starke Welln wühlten den Sund auf. Mit deutlich Verspätung kämpfe sich eine winzige Fähre zum Anleger. Der besteht aus einer schiefen Ebene, einen wirklichen Hafen gibt’s nicht.
Kein Auto verließ das Boot, kein Passagier. Ein Matrose kam und fragte, was ich vorhabe.
Sie würden mich schon mitnehmen – aber zurück? Keine Chance! Heute nicht, morgen nicht. Übermorgen? Wer weiß? Der Sturm würde dauern.
Planänderung. Auto mit auf Fähre, pokern, dass ich woanders von der Insel komme. „Maybe you will be lucky in Fishnish. It’s a bit more sheltered there.“
Während der Überfahrt hatte wir ein feines Gespräch, für das sich der Seemann hinterher herzlich bedankte. Die kleine Fähre stampfte, schlingerte, schaukelte und rollte heftig. Gischt flog über den Kahn, später sah ich Seegras auf dem Dach des Autos.
Der Ort ist schnell erkundet. Fachsimpeln im Shop der Destillerie, Kaffee und Kuchen in einem Laden, alle Straßen auch im „Oberland“ erwandern bis hin zum (von außen) hässlichsten Hotel der Nordhalbkugel.
Auf der Fahrt nach Fishnish beeindruckt ein Verkehrsschild: Otters crossing!
In Fishnish hatte ich Glück: die Fähre fuhr nach 15 Minuten und hatte Platz für mich und mein Auto.
A day to be remembered. Was ich unbedingt unterstreichen muss: die Anfahrt nach Kilchoan ist ein Traum!
Viel zu schön, um ohne Zwischenstopps die Strecke nur zu „erfahren“.
Hallo Heinrich,
danke für Deinen wunderbaren Erfahrungsbericht. Sowas lese ich immer sehr gerne und hilft anderen Lesern.
Viele Grüße
Stephan