Tief im Westen, etwas abseits der großen Touristenmagneten, liegt die Gemeinde Uig. Sie gehört zum Schönsten, was die Isle of Lewis zu bieten hat.
Durch ein tiefes Tal führt die Straße. Links am Hang steht ein Reh, rechts über dem Bergkamm kreisen Steinadler, und lauern auf Beute. Dann öffnet sich das Tal und man fährt auf einen riesigen Sandstrand zu. Nur ein Traum? Nein! Wir sind in Uig, dem westlichen Teil der Hebriden-Insel Lewis.
Mein Reiseführer Äußere Hebriden
Auf 304 Seiten beschreibe ich die Inseln Lewis, Harris, North und South Uist, Benbecula, Barra und Vatersay. Außerdem 7 Touren und 232 Fotos.
Mehr Info hier.
Eindrucksvolles Zentrum der Gegend bildet die Camas Uig – die „weite Bucht von Uig“. Bei Ebbe zieht sich das Meer hier zurück und gibt einen bis zu zweieinhalb Kilometer breiten Sandstrand frei, den „Tràigh Uige“. Um ihn herum ragen Berge bis über 400 Meter Höhe auf, an deren Gipfel sich oft Wolken verfangen. In den Hügeln zwischen Strand und Bergen liegen Orte mit gälischen Namen: Cradhlastadh (Crowlista), Timsgearraidh (Timsgarry) und Eadar Dha Fhadhail (Ardroil). Überhaupt wird Gälisch hier noch häufig gesprochen.
Uig verfügt nicht über so offensichtliche Attraktionen wie es mit Calanais oder Dun Carloway der Fall ist. Die Gegend lebt von der wilden und schönen Natur und ihrer Abgeschiedenheit. Tatsächlich führt nämlich nur eine Straße hierher, die sich durch das Tal Gleann Bhaltois (Glen Valtos) schlängelt. Schon die Anfahrt gehört damit zur absoluten Sehenswürdigkeit.
Die Natur ist also die Attraktion: Im Sommer blüht der Machair, Stein- und Seeadler sind häufig zu sehen und hinter den Dünen liegt bei Ebbe ein fast unendlicher Sandstrand, der an azurblauem Wasser endet. Fährt man die einspurige Küstenstraße immer weiter bis in den Süden, findet man hohe Klippen mit versteckten Sandbuchten und grasende Highland-Rinder, ehe die Straße auf einer Wiese endet, von der aus man auf die Insel Eilean Mhealasta sehen kann.
Wissen: 93 Berühmtheiten aus Uig
1831 wurden am Strand von Uig 93 Schach- und Tables-Figuren (Tables ist eine Art Backgammon) aus Walross-Elfenbein und Wal-Zahn entdeckt. Die kostbaren Kleinode stammen vermutlich aus dem 12. Jahrhundert, einer Zeit, in der das Schachspiel in Europa bereits sehr populär war. Vermutlich haben Norweger die Figuren geschnitzt und wollten sie über die Äußeren Hebriden nach Irland bringen.
Die Äußeren Hebriden waren zu der Zeit ein Teil des norwegischen Reichs, nachdem sie von den Wikingern erobert worden waren. Aus irgendeinem Grund hatte wohl ein Händler die teuren Figuren am Strand von Uig versteckt. Dass es sich hier um einen Händler gehandelt haben könnte, darauf deutet die Zahl der Schachfiguren hin. Sie reicht für mehr als ein Spiel aus.
Dass die Lewis Chessmen aus einem nordischen Reich kommen, darauf weisen die Bauern hin. Sie sind als Berserker dargestellt; als wütende Krieger, die in ihren Schild beißen. Berserker kämpfen im Rausch und fühlen keinen Schmerz mehr. Sie tauchen in nordischen Versen auf.
Allerdings sind all das nur Vermutungen, denn letztlich weiß man nicht einmal genau, wo die Lewis Chessmen tatsächlich gefunden wurden. Darüber werden noch heute erregt Debatten geführt.
Elf der Chessmen stehen heute im Museum in Edinburgh, die übrigen im British Museum in London. Dass keine der Kostbarkeiten in Uig verblieb ist allerdings bedauerlich. Aber die Einheimischen haben kurzerhand neue anfertigen lassen – und zwar überlebensgroße Statuen aus Holz. So steht ein König in der Nähe des Strandes, ein Berserker vor dem Museum in Uig und ein Springer bei der Abhainn Dearg Destillery.
Übrigens: In der lesenswerten Lewis Trilogie von Peter May spielen Teile des dritten Band „The Chessmen“ ebenfalls in Uig.
Und noch eine Berühmtheit: Der „schottische Nostradamus“, Coinneach Odhar, soll von Uig stammen. Er wurde bekannt als Brahan Seer, der Seher von Brahan. Er weissagte dabei einige verblüffende Dinge, und eine seiner schlimmsten Voraussagen ist auch eingetroffen:
„Oh! Drumossie, thy bleak moor shall, ere many generations have
Passed away, be stained with the best blood of the Highlands.
Glad am I that I will not see the day,
for it will be a fearful period; heads will be lopped off by the score,
and no mercy shall be shown or quarter given on either side.“
Das Moor bei Drumossie, so sagen es diese Zeilen, werde befleckt sein vom „besten Blut der Highlands“. Drumossie liegt wenige hundert Meter entfernt vom Schlachtfeld von Culloden, auf dem 1746 hunderte Highlander ihr Leben ließen.
Weniger gut war Brahan im Vorhersehen seines eigenen Todes: Nachdem er 1665 den Bitten der Gräfin Isabella von Seaforth nachkam und ihr sagte, was ihr Mann Paris gerade mache – nämlich vor einer fremden Dame knien – ließ sie ihn kurzer Hand in ein Teerfass stecken und verbrennen. Vorher aber diktierte der Seher noch einige Prophezeiungen, von denen viele nicht wahr wurden, einige aber doch erstaunlich genau zutrafen. Allerdings ist Brahan auch eine Sagengestalt – man weiß also nicht genau, was er wirklich gesagt hat oder wann er wirklich lebte.
Tipps: Besuch im Uig Museum und Blick vom Forsnabhal
Nahe der Schule im Gemeindezentrum von Uig vermittelt das kleine Museum in Timsgearraidh Besuchern die Geschichte der Gegend. Von der Frühzeit, über die Wikinger bis hin ins letzte Jahrhundert wird Wissenswertes über die Lebensweise der Bewohner gezeigt. Anhand von Ausstellungsstücken und Fotos kann man hier eintauchen in vergangene – und oft harte – Zeiten. Natürlich spielen auch die Chessmen eine Rolle. Ausgestellt sind hier allerdings keine Originale.
Einen fantastischen Blick über Aird Uig – also „Ober Uig“ – erhält man vom Berg Forsnabhal. Er steigt auf 205 Höhenmeter an, oben steht eine Wetterstation. Der Clou: Man kann mit dem Auto fast ganz hochfahren und den Rest über eine Treppe erklimmen.
Den Forsnabhal findet man, indem man nach dem Gleann Bhaltois rechts nach Aird Uig abbiegt und der Straße folgt, bis rechts eine Stichstraße einen Berg hochführt. Die Station auf dem Berg sieht man schon von weitem.
Persönliche Anmerkung: Eine traumhafte Gegend
Wenn ich an die Isle of Lewis denke, dann habe ich Bilder von Uig und Umgebung im Kopf. Für mich ist das der spannendste und wildeste Teil der Insel. Man kann immer noch etwas Neues entdecken, wie abgelegene Strände in Buchten oder Straßen, die im Nichts enden. Die Ruhe der Gegend trägt zusätzlich zur Erholung vom Alltagsstress bei.
Als Unterkunft in Uig kann ich übrigens wärmstens Suainaval Bed & Breakfast empfehlen. Es liegt in Cradhlastadh und bietet einen fantastischen Blick direkt auf den Tràigh Uige.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: „HS2 9JE“ eingeben und losfahren.
Ohne Navi: In die Gegend von Uig kommt man von Stornoway zunächst über die A859, dann aber gleich auf die A858 nach Gearraidh na h-Aibhne abbiegen und weiter fahren, bis man den Ort erreicht. Dort links abbiegen auf die B8011 nach Timsgearraidh. Der Straße immer weiter folgen, bis durch das Tal von Gleann Bhaltois (Glen Valtos).
Wahnsinnig schön! Hab gerade gestern noch ein Angebot für Kunden geschrieben welche auf die Äußeren Hebriden wollen.
Haben ein paar Tage bei Tony und Kirsty in Suainaval verbracht und können nur bestätigen, dass die Gegend traumhaft schön ist und es sich lohnt, bei den beiden zu übernachten.
Wer die absolute Ruhe und Natur sucht, ist hier richtig.